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„Zuhören und Aussprechen lassen hilft meist“

München, den Datum: 27.06.2018
Gesundheit

Interview mit dem Patientenfürsprecher Werner Dresel am kbo-Isar-Amper-Klinikum München-Ost

Werner Dresel ist seit 14 Jahren Patientenfürsprecher am kbo-Isar-Amper-Klinikum München-Ost. Als unabhängiger Ombudsmann nimmt er sich der Sorgen und Nöte der Patientinnen und Patienten an. Bei Konflikten während eines Klinikaufenthalts versucht er zu deeskalieren, zu vermitteln und Lösungen aufzuzeigen. Im Interview spricht Werner Dresel über seine Aufgabe.
Patientenfürsprecher Werner Dresel
© kbo-Isar-Amper-Klinikum München Ost

Herr Dresel, mit welchen Anliegen wenden sich Patienten an Sie?

Werner Dresel: Pro Jahr kontaktieren mich rund 480 Patienten im kbo-Isar-Amper-Klinikum. Viele melden sich gleich nach ihrer Aufnahme. Die Einweisung in die Psychiatrie ist für sie ein Schock. Sie fühlen sich miserabel, sind verzweifelt und haben viele Fragen: Wie lange muss ich hier bleiben? Kann ich meinen Arbeitsplatz behalten? Verliere ich meine Wohnung? Warum habe ich einen gesetzlichen Betreuer? Durch intensive Gespräche kann ich mit ihnen beispielsweise den Sinn eines Betreuers für ihre momentane Situation klären und mögliche Ängste abmildern. Des Weiteren geht es oft um die Dosierung von Medikamenten, Therapiemaßnahmen, Arzt-Patienten-Gespräche oder Unzufriedenheit mit dem Personal.

Wie helfen Sie?

Ich sehe mich in der Rolle des Vermittlers zwischen Patient und Klinik. Meist hilft aktives Zuhören und Aussprechen lassen. Ich erkläre viel und nehme jeden Patienten mit seinen Sorgen ernst. Deshalb besuche ich alle neuen Patienten. Das führt bei vielen zu einer spürbaren Entlastung.

Es gibt sicher auch komplizierte Konflikte. Wie gehen Sie da vor?

Man darf nicht vergessen, dass viele schwer psychisch erkrankt sind und es manchmal Symptom ihres Leidens ist, dass es im Alltag für sie schwierig ist. Manchen fehlt jede Krankheitseinsicht. Andere Patienten haben Angst und fürchten Sanktionen, wenn sie sich an mich wenden. Andere wiederum stören den Stationsablauf, sind unterschwellig aggressiv und fühlen sich ungerecht behandelt, wenn das Personal Grenzen aufzeigt. Hier muss ich ein Gefühl der Sicherheit und Ehrlichkeit vermitteln. Gemeinsam mit dem Patienten versuche ich das weitere Vorgehen abzustimmen. Es gibt keine Musterlösungen, da jeder Patient und jeder Fall anders sind.

Wenden sich auch Angehörige an Sie?

Auf den Stationen habe ich auch Kontakt zu Menschen, die zum ersten Mal einen Angehörigen in einem psychiatrischen Krankenhaus besuchen. Sie fühlen sich oft hilflos. Ihnen zuzuhören, Informationen über das Klinikum, Besuchszeiten und Sprechstunden der Ärzte zu geben, beruhigt sie meist und hilft negative Gefühle abzubauen.

Was machen Sie bei Konflikten, die die Mitarbeiter der Klinik betreffen?

Ich hole Informationen ein, recherchiere im Haus. Wenn die Patienten einverstanden sind, dass ich über ihre Konflikte mit dem Stationsteam oder, wenn nötig, auch mit der Klinikleitung spreche, mache ich das. Beim pflegerischen und medizinischen Klinikpersonal lege ich auf Ehrlichkeit und Offenheit viel Wert. Ich sehe mich in der Rolle des Moderators. Und so gelingt es meist, Konflikte zu lösen.

Zur Person

Einer kleinen Stellenanzeige in der Lokalzeitung von Wanne-Eickel verdankt es Werner Dresel, dass er fast sein ganzes Berufsleben in Haar verbracht hat: Die damalige Heil- und Pflegeanstalt suchte 1960 deutschlandweit nach Pflegepersonal. Dresel bewarb sich und fing nach gerade abgeschlossener Bergmanns-Lehre als Pflegeschüler im heutigen kbo-Isar-Amper-Klinikum München-Ost an. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 stieg er vom Krankenpfleger bis zum Pflegedirektor auf. Im April 2012 überreichte Landrätin Johanna Rumschöttel dem heute 77-Jährigen für sein Engagement die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.