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Coming home - April

Kleine orangefarbene Seeforellen schwimmen in einen Glas. Im Hintergrund erschein ein von Bergen umschlossener See.
Keine Goldfische, sondern kleine Seeforellen schwimmen hier im Glas vor der Kulisse des Königssees. (© Nationalpark Berchtesgaden)

Noch zappeln die kleinen Seeforellen ungeduldig im Glas, doch ihr Blick geht schon in Richtung Königssee, ihrer neuen Heimat im Berchtesgadener Land. Hier sollen sie in Zukunft wieder durch das tiefe Gewässer gleiten und auf Raubzug gehen – als „Königinnen“ des berühmten Sees am Fuße des Watzmanns. So wie ihre Urahnin, die dort 1976 aus dem Wasser gezogen wurde und stolze 27,5 Kilo auf die Waage brachte, bei einer Länge von 125 Zentimetern. Heute hängt sie präpariert und ausgestopft im Gasthaus St. Bartholomä neben dem Fischerstüberl der Fischerei Amort und lässt dort die Gäste staunen.

Exemplare wie diese gibt es im Königssee schon lange nicht mehr. Und auch kleinere Ausgaben wurden im Lauf der Jahre immer weniger. 2012 fing die Fischerei Amort noch eine einzige Seeforelle. Danach: nichts mehr. Dabei waren die silberfarbenen Fische mit ihren charakteristischen schwarzen Flecken früher in allen Gebirgs- und Voralpenseen und deren Zuflüssen weit verbreitet. Den Garaus machte ihnen die Tatsache, dass ihre Laichplätze im Königssee mit der Zeit verschlammten. Durch den Klimawandel stieg die Wassertemperatur, immer mehr Seepflanzen wuchsen und wucherten die Brutplätze zu. Doch nun ist die Rückkehr der Seeforelle geplant: Mit einem groß angelegten Projekt, das über fünf Jahre läuft, möchte die Fischereifachberatung des Bezirks Oberbayern zusammen mit der Nationalparkverwaltung Berchtesgaden und der Fischerei Amort den Fisch wieder im Königssee heimisch machen. Dafür wurden 2018 die ersten 10.000 Jungfische in die Freiheit entlassen. Als geeignetes „Kinderzimmer“ suchten die Expertinnen und Experten Kiesbänke am Saletbach aus, der in den Königssee fließt. Dort, so die Hoffnung, finden die Brütlinge genügend Schutz vor ihren Fressfeinden. Für die kleinen Fische ist es allerdings trotzdem eine gefährliche Partie. „Wir sind froh, wenn von zehntausend Fischen, die wir im Saletbach aussetzen, am Ende hundert übrigbleiben“, sagt Fischereifachberater Dr. Bernhard Gum.

Bis die zwei bis drei Zentimeter großen Brütlinge im Saletbach landen, sind sie trotz ihres jungen Lebens schon weit herumgekommen. Ihren Ursprung haben sie in einem Baggersee in Wörth bei Erding, wo die Fischereifachberatung Seeforellen aus dem Walchensee für ihr Nachzuchtprogramm eingesetzt hat. Dieses läuft bereits seit über dreißig Jahren mit großem Erfolg und hat dafür gesorgt, dass die Seeforellen inzwischen wieder in etlichen oberbayerischen Seen von Ammersee bis Tegernsee heranwachsen. Der Laich der Erdinger Forellen wird abgestreift und kommt ins Fischbruthaus des Bezirks am Tegernsee. Nach dem Schlüpfen bleiben die Babyfische noch einige Wochen dort. Erst dann treten sie die Reise zum Königssee an. Gerade noch rechtzeitig, damit sich der sogenannte „Homing“-Effekt einstellt – der dafür sorgt, dass die geschlechtsreifen Fische zum Ort ihrer „Kindheit“ im Saletbach zurückkehren und dort laichen.

Der Erfolg des Königssee-Projekts ist bereits sichtbar. So konnten in den vergangenen Jahren erstmals wieder junge Seeforellen im Saletbach gesichtet werden. Und Fischereifachberater Dr. Bernhard Gum hofft, dass bald auch im See selbst wieder größere Exemplare unterwegs sind. Denn schließlich sei der Fisch ein wichtiger Indikator dafür, dass der Königssee in seiner Gesamtheit intakt sei. Und, nicht zu vergessen: „So eine große Seeforelle ist auch für Fischer und Feinschmecker etwas sehr Interessantes.“