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Therapie im virtuellen Raum

München, den Datum: 25.07.2023

kbo-Inn-Salzach-Klinikum geht bei Behandlung psychischer Störungen neue Wege

Virtuelle Realität (VR) hat es im kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg vom exotischen Forschungsobjekt in das reguläre Therapieprogramm für Patientinnen und Patienten aus der Psychosomatik und Allgemeinpsychiatrie geschafft. Eingesetzt wird sie bei Angststörungen und anderen Phobien.

Mit Prof. Dr. Peter Zwanzger und Dr. Julia Diemer sind am kbo-Inn-Salzach-Klinikum zwei ausgewiesene VR-Fachleute tätig, die sich schon seit 2009 mit Therapie mit Hilfe Virtueller Realität wissenschaftlich auseinandersetzen. In der Wasserburger Klinik wird seit 2016 zu Virtueller Realität als Behandlungsmethode geforscht – und nun wird diese auch angewendet. VR hilft zum Beispiel bei der Behandlung von Phobien und anderen Angststörungen. Im Rahmen einer „Exposition“ setzen sich Patientinnen und Patienten unter therapeutischer Anleitung mit ihrer Angst auseinander und lernen, mit dieser umzugehen. Diese sehr aufwändige Therapiemethode kann durch VR deutlich leichter im Therapiealltag umgesetzt werden.

Breites Anwendungsspektrum

Der Einsatz von VR am kbo-Inn-Salzach-Klinikum ist allerdings nicht auf Angststörungen begrenzt. Probleme in der sozialen Interaktion sind auch bei vielen anderen Patientinnen und Patienten ein Thema. Mit Hilfe von VR werden soziale Kompetenzen und Selbstsicherheit trainiert. Dabei wird die VR-gestützte Therapie mit Übungen in der Realität kombiniert. Im Einzelnen ist es möglich, bestimmte Expositionsszenarien gezielt auf Patientinnen und Patienten zuzuschneiden. So kann ein schüchterner Patient, der unter anderem ein soziales Kompetenztraining durchlaufen muss, seine sozialen Skills mithilfe von VR-Expositionen stärken: In hochrealistischen Szenarien kann er beispielsweise durch eine Stadt spazieren, in einem öffentlichen Park Leute ansprechen und sich dabei verschiedenen Schwierigkeiten aussetzen.

Dabei sei es spannend, wie die Betroffenen in diesen sozialen Situationen immer besser zurechtkommen, sagt Zwanzger. Zu diesem Zweck sei es möglich, die Konfrontation unterschiedlich schwierig zu gestalten. So kann eine Passantin in der VR beim Ansprechen freundlich und hilfsbereit reagieren. Es ist aber auch möglich, diese barsch und zurückweisend zu „programmieren“ – eine ideale Maßnahme, um die Kompetenzen der Patienten vorsichtig zu steigern. Auch das Sprechen vor Publikum kann geübt werden. Auch hier gibt es eine freundliche oder eine schwierige Zuhörerschaft – je nachdem, auf welchem Therapielevel sich der Patient oder die Patientin befindet.

In Bayern einzigartig

Im VR-Therapiezentrum sind mittlerweile drei Simulatoren sowie zwei Forschungsgeräte im Einsatz. Die Simulatoren stehen je nach Bedarf auf unterschiedlichen Stationen, erklärt Magdalena Sich, Psychologin am kbo-Inn-Salzach-Klinikum. Eine solch umfassende Versorgung und Ausstattung in einer psychosomatischen Versorgungsklinik ist in Bayern einzigartig. Und die Entwicklung geht noch weiter. So wirken Julia Diemer und Peter Zwanzger im Referat „Digitale Psychiatrie und Psychotherapie“ der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, digitale Versorgung zu entwickeln, Vernetzungen auf Bundesebene zu schaffen und Fort- und Weiterbildungen zu organisieren. (FA)

Eine Frau hat eine große VR-Brille auf und einen Joystick in der Hand. Auf einem Monitor ist ein Seminarraum mit vielen Personen zu sehen. Monitor und Frau werden von einer weiteren Person, die eine FFP2-Maske trägt, überwacht.
Einsatz von Virtueller Realität in der Therapie am kbo-Inn-Salzach-Klinikum (Foto: M.L.Vega © kbo - Kliniken des Bezirks Oberbayern)

Linktipp

Interview mit Dr. Julia Diemer über VR am kbo-Inn-Salzach-Klinikum:
kbo.de/die-vernunft-weiss-das-ist-nicht-echt-aber-die-emotionen-reagieren-trotzdem