Fokus Freising 2: Rebekka Bauer
10.12.2022 bis 05.02.2023
Fokus Freising 2 | Rebekka Bauer: Die Aufstellung
Termine
10. Dezember ‒ 05. Februar 2023: Ausstellung
Öffnungszeiten: Di-Sa 14-18 Uhr, So+Feiertage 10-18 Uhr
Die Ausstellungsräume und das Café sind stufenlos zu erreichen.
Über die Ausstellung
Die Installation DIE AUFSTELLUNG der Künstlerin Rebekka Bauer thematisiert die Weitergabe von Traumata des 2. Weltkriegs im Wohnhaus einer deutschen Familie. Ausgangspunkt ist ein Archiv von über 500 Metallobjekten, die der Großvater der Künstlerin, ein ehemaliger Wehrmachtssoldat, über mehrere Jahrzehnte im Keller des gemeinsamen Wohnhauses in Freising fertigte. Die Objekte, Hunderte von Kerzenständern, die in einer skurrilen Vielfalt aus gedrechselten Metallen und Alltagsgegenständen wie Wasserhähnen oder Metallfedern zusammengesetzt sind, werden in der handwerklichen Routine zu Trägern des Traumas.
Um den Einfluss der unausgesprochenen Kriegserlebnisse auf den Familienalltag zu zeigen, werden die Metallgegenstände sowohl mit Kriegsfotografien als auch Familienfotos ins Verhältnis gesetzt, die Ausschnitte aus dem Alltag der Familie bis in die frühen 2000er Jahre zeigen. Zur Ausstellung erscheint ein Künstlerinnenbuch, in dem das verschiedene Fotomaterial miteinander konfrontiert wird. Im Blättern und der Wiederholung der Objekte wird die leise und unaufdringliche Weitergabe von Traumata aufgenommen.
Die Ausstellung wird durch den Kulturfonds der Stadt Freising unterstützt.
Prolog:
Ein diagonal in den Kellergang gelegtes Stück Linoleum führt zu einer Tür links an der hinteren Wand des Ganges. Dahinter befindet sich ein Raum mit einer Werkbank unter einem kleinen, vergitterten Fenster. Bis zur Mitte des Raumes drängen sich Obstkisten auf dem Boden, in die verschiedene Metallgegenstände einsortiert wurden: Gewindestangen aus Messing und Zink, Heizspiralen aus Kupfer, Wasserhähne und Griffarmaturen mit den Aufschriften HOT, KALT und warm, grüne Ventilgriffe, Sechskant-Kupferrohre, runde Metallhülsen und -kegel, Eisenstangen, Dichtungsringe und Dichtungsschrauben, Lampenschirme aus Metall, Lampenfüße aus Messing, Muttern, Schaufeln, Schrauben, Pflöcke, Messingglocken und -schalen, ermattete Zinnbecher, Metallrohre, mehrere Kupferkessel- und pfannen, gusseiserne Kohlebügeleisen mit Holzgriffen, sowie Einzelteile von Bettwärmflaschen aus Kupfer, die mit Grünspan überzogen sind. Die Werkbank gleicht mehr einer Ablage- als einer Arbeitsfläche. Auf ihr befinden sich unter anderem: kleine, runde, scharfkantig geschnittene Kupferplatten, ein schwerer Eisenhammer, verrostete, abgegriffene Schraubzwingen, diverse Schraubenzieher und mittig ein großer Eisenschraubstock mit Amboss, grob gespitzte Bleistifte, kleine Metallbürsten, Zangen, ein Bunsenbrenner, eine Weinflasche mit Leinöl, sowie einige Metallgliederketten und Messingstangen in verschiedenen Längen. Neben der Werkbank steht auf einem kleinen Tisch eine Kommode, in der sich Feilen und Zangen aller Größen befinden. Die Werkzeuge scheinen nie neu gewesen zu sein und weisen zahlreiche Kratzer und Rostspuren auf. In Regalen an der Wand sind Objekte aus Metall aufgereiht, die selbst in der Dunkelheit des Kellers glänzen.
Über die Künstlerin
Rebekka Bauer (*1991 in Freising, lebt in Leipzig) ist Künstlerin, Kuratorin, Autorin und Bühnenbildnerin. Sie studierte Medienkunst bei Clemens von Wedemeyer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und Bühnengestaltung am Mozarteum Salzburg und der Akademie der bildenden Künste Wien. In ihren künstlerischen Arbeiten befragt sie anhand individueller Biografien und Alltagswirklichkeiten Prozesse subjektiver und kollektiver Geschichtsschreibung. In der Neuanordnung von fotografischen Archiven, Objekten und Alltagsgegenständen bezieht sie sich anhand unterschiedlicher Methoden der Montage auf filmische und literarische Erzählweisen.
Das dialogische und kollektive Arbeiten ist ein wichtiger Teil ihrer Praxis. Sie arbeitet häufig mit anderen Künstler:innen wie zuletzt mit Lucia Graf für die gemeinsame Arbeit „Room with a sink“, in der sie anhand der Protagonist:innen A und B die Themen Berührung, Kommunikation und Nähe verhandelt. Sie ist Teil des Kurator:innenkollektivs des Kunstverein Leipzig.
Für „Die Aufstellung“ erhielt sie 2022 eine Projektförderung der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, sowie 2021 ein Arbeitsstipendium der VG Bildkunst. „Die Aufstellung“ ist auf der diesjährigen Shortlist des Fotohof Salzburgs (Fotohof calling) und wurde 2021 bei „It's a book“ (Student's selection) nominiert.
Verlinkungen:
Fotohof calling: https://calling.fotohof.at/edition/calling-2022/
Student's Selection https://www.itsabook.de/students-projects
Kunstverein Leipzig: https://kunstverein-leipzig.org/