Der Ermordeten gedenken
München, den Datum: 18.01.2025„Bibliothek der Namen“ wird am kbo-Isar-Amper-Klinikum eingeweiht
Vor 85 Jahren begann mit der Deportation von Patienten aus der Klinik, die damals Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar hieß, eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte: die systematische Ermordung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen durch das NS-Regime.
Der Beginn eines beispiellosen Verbrechens
Mit der Deportation von 25 Männern aus der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar in die Tötungsanstalt Grafeneck bei Reutlingen begann eine Mordserie, die etwa 300 000 Menschen aus psychiatrischen Anstalten und Behinderteneinrichtungen das Leben kostete. Allein in Haar fielen rund 4 000 Menschen der „Euthanasie“ zum Opfer, sie starben durch Hunger, Vernachlässigung und gezielte medizinische Maßnahmen.
Ein langer Weg zur Anerkennung
Nach dem Krieg gab es zwar eine Phase der juristischen Aufarbeitung dieser Verbrechen. Diese betraf aber nur wenige Täter und Täterinnen. Eine breite Aufarbeitung und Beschäftigung innerhalb der Medizin und Öffentlichkeit fand nicht statt. Auch innerhalb der betroffenen Familien der Opfer wurde das Schicksal ermordeter Angehöriger vielfach verschwiegen. Erst eine jüngere Generation von Ärztinnen und Ärzten begann ab den 80er Jahren sich mit der Geschichte der eigenen Einrichtung zu beschäftigen und die „Euthanasie“-Verbrechen stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.
Erinnerung durch die „Bibliothek der Namen“
Im kbo-Isar-Amper-Klinikum in Haar wird mit der neu eröffneten Bibliothek der Namen an die Opfer dieser Verbrechen erinnert. Jedes Opfer bekommt eine eigene persönliche Namenstafel, auf der die wichtigsten Informationen zu sehen und zu lesen sind: Vor- und Nachname, Geburtstag sowie Todestag und Todesort. Dadurch rücken die Opfer in den Mittelpunkt der Betrachtung und die anonymen Zahlen werden zu individuellen Schicksalen.
Außerdem werden jede Woche hier an der „Bibliothek der Namen“ diejenigen Personen der Öffentlichkeit vorgestellt, die in der jeweiligen Woche Geburtstag gehabt hätten.
Aufarbeitung als Verpflichtung
Bezirkstagspräsident Thomas Schwarzenberger hob die Bedeutung der Erinnerungskultur hervor: „Erinnerungskultur ist keine in die Vergangenheit gerichtete Arbeit, sie bildet eine Richtschnur für unsere Gegenwart und Zukunft. Wir als Bezirk Oberbayern sehen es als unsere Verantwortung, die Geschichte unserer Institutionen zu erforschen, die Täter klar zu benennen und die Angehörigen bei der Aufklärung und Recherche zu unterstützen. Die Opfer haben es verdient, dass man ihre Lebensgeschichten aufarbeitet und vorstellt."