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Grußworte und Vorträge

Grußwort des Rektors vom Zentrum für Umwelt und Kultur Pater Karl Geißinger

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Pater Karl Geißinger. Der Rektor des Zentrums für Umwelt und Kultur (ZUK) betont im Rahmen seiner Begrüßung, dass Flusslandschaften die Menschen seit jeher zur Ansiedlung animiert haben, und sagte: „Flüsse wurden und werden gefürchtet, geehrt, gefeiert und verflucht. Sie sind faszinierend und identitätsstiftend.“ Er zeigte sich erfreut, dass heutzutage viel zu ihrem Schutz unternommen werde, und stellte fest: „Es gibt einiges zu tun, und darum sind wir heute hier.“ Mit der auf den griechischen Philosophen Heraklit zurückgehenden Formel „Panta Rhei“ drückte Pater Geißinger seine Zuversicht aus: „Alles ist im Fluss. Gott sei Dank! So haben wir die Chance wieder etwas zum Positiven zu verändern.“

Grußwort des stellvertretenden Bezirkstagspräsidenten Michael Asam

Als Vertreter des Bezirks Oberbayern und im Namen von Bezirkstagspräsident Josef Mederer begrüßte anschließend der stellvertretende Bezirkstagspräsident Michael Asam die Anwesenden. Er zeigte sich erfreut über das große Interesse und die im Vergleich zum Vorjahr gestiegene Teilnehmerzahl. Asam betonte, wie wichtig es sei im Dialog zu bleiben, wenn es um den Schutz von Naturlandschaften gehe. Er berichtete von zwei Ortsterminen an der Ammer und an der Litzauer Schleife. Er betonte, wie sehr ihn die persönlichen Eindrücke und die Gespräche, die er als Bürgermeister der Gemeinde Peiting während dieser Begehungen geführt habe, aufgerüttelt und zu weiterem Handeln – beispielsweise den Beitritt seiner Gemeinde zum Verein Lebensraum Lechtal – animiert hätten. Verbunden mit einem herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen des Fachbereichs Umwelt vom Bezirk Oberbayern, die für die Organisation der Veranstaltung verantwortlich sind, wünschte Asam der Dialogreihe einen guten Verlauf.

Einführung von Moderator Wolfgang Suske und Mathias Fischer, (WWF)

Nach den Grußworten stellte sich der Moderator Wolfgang Suske kurz vor. Dann übergab er das Wort an Mathias Fischer vom WWF, der im Namen aller Projektpartner die Grundzüge des Hotspot-Projekts umriss: „In dem Rahmen der Biodiversitätsstrategie mit ihren internationalen Herausforderungen haben sich 18 Partner zusammengeschlossen, um etwas für die Alpenflüsse und den Erhalt der Artenvielfalt zu tun.“ Der Dialog, erklärte Fischer, sei Teil des Projekts. Er diene dem Ziel herauszufinden, wie die Alpenflüsse in Zukunft aussehen sollen und was zur Erreichung dieser Ziele zu tun ist. Bevor er zum Einführungsvortrag überleitete, skizzierte Wolfgang Suske anschließend den Ablauf der Veranstaltung und versprach: „Dialog und Gespräche stehen heute im Vordergrund.“


Einführungsvortrag

Alfred Ringler: „Alpenflüsse – zwischen Bedrohung und Begeisterung“

Den Einführungsvortrag hielt Alfred Ringler, ein – wie der Moderator sagte – „Urgestein des Naturschutzes“. Alfred Ringler widmete sich den Alpenflüssen in seinem kurzweiligen, reich bebilderten Einführungsvortrag unter dem Motto „Zwischen Bedrohung und Begeisterung“. Anhand von Fotografien, die im Abstand von mehreren Jahren oder Jahrzehnten von ein und demselben Standpunkt aus aufgenommen wurden, verdeutlichte er den drastischen Wandel der (Fluss-) Landschaften. Ringler betonte, dass er mit seinen Bilderpaaren keineswegs entmutigen, sondern aufrütteln möchte und appellierte: „Wir müssen aufgrund der neuen Rahmenbedingungen neue Ziele setzen.“

Mehr zum Vortrag

Alfred Ringler (Jahrgang 1946) ist Diplom-Biologe, Landschaftsökologe und Mediator. Der als „Urgestein des Naturschutzes“ anmoderierte Rosenheimer ist Inhaber eines Planungsbüros, das sich der Naturschutzgebietsplanung im Alpenraum, dem Landschaftswandel sowie alpinen Projekten mit Schwerpunkt Berglandwirtschaft und Ökologie in Bayern, Österreich und Südtirol widmet. In seiner wissenschaftlichen Laufbahn war er unter anderem als Projektleiter und Hauptautor für das Landschaftspflegekonzept Bayern des Bayerischen Umweltministeriums verantwortlich. In seinem Vortrag veranschaulichte er zunächst mit zahlreichen Bilderpaaren aus verschiedenen Jahrzehnten die Hochwasserproblematik an den Alpenflüssen und – am Beispiel des Sylvensteinspeichers (mit Fotografien vom verlassenen Dorf Fall, der riesigen Wasserfläche und des im Frühjahr 2016 entleerten Stausees) – die „Schattenseiten des Hochwasserschutzes“.

Naturschutz contra Wirtschaft

Anschließend widmete er sich den sichtbaren ökologischen Folgen für die Alpenflusslandschaften, die durch die großflächig seit 1921 eingeführte und zwischen 1947 und 1970 schwerpunktmäßig ausgebaute Energienutzung entstanden sind. In dieser Zeit hätten, so Ringler, an den Alpenflusslandschaften Kriege zwischen dem Naturschutz und der geballten wirtschaftlichen Macht getobt. Durch die in den Mittelpunkt gerückte Energienutzung und die Hochwassersicherheit sei es zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung der Landschaft gekommen. Als Beispiel zeigte er zunächst ein Luftbild der Isar an der sogenannten „Weißen Wand von Icking“ aus dem Jahr 1951, auf dem die Abfolge unterschiedlicher Teillebensräume (vom Kiefernwald bis zur Kieszone) zu erkennen war. Auf einem aktuellen Bild konnte man dagegen sehen, dass der Fluss im Laufe von sechs Jahrzehnten circa 300 Meter nach Osten gewandert und das ehemalige Wildflussbett inzwischen bewaldet ist.

Strategien für alle Flusstypen

Heute gebe es nur noch wenige ökologisch intakte Flussabschnitte, fasste Ringler zusammen und fügte hinzu: „Wir müssen aber auch über die suboptimalen Flüsse nachdenken.“ Trotz des gewaltigen Umbruchs vieler Landschaften seien diese nicht wertlos, sagte er und betonte: „Wir brauchen Strategien für alle Flusstypen, nicht nur für die Wildflüsse.“ Er nannte Beispiele für Flüsse, die ihre Persönlichkeit nirgends mehr zeigen dürfen (bayerischer Lech, Saalach, Wertach, Inn, Salzach), die ihren Charakter stellenweise noch erahnen lassen (Leitzach) und die ihn wenigstens noch teilweise entfalten können (Halblech, Halbammer, Obere Isar). In diesem Zusammenhang schlug er vor, im Dialog neue Impulse zu setzen und betonte: „Das ZUK ist die richtige Stelle dafür.“

Potenziale für Renaturierung nutzen

Ringler appellierte abschließend an die Wasserwirtschaft Renaturierungspotenziale zu nutzen. „Wir sollten lernen Chancen anzunehmen, die uns die Natur auf dem Tablett liefert.“ In diesem Zusammenhang nannte er ein Beispiel an der Ammer bei Peißenberg, wo so eine unverhoffte Chance – nämlich ein durch ein Hochwasser zum Kauf stehendes Grundstück, das als Renaturierungsfläche geeignet gewesen wäre – nicht genutzt wurde. Auf einen Einwurf eines Dialog-Teilnehmers, dass gegenwärtig teilweise das Gegenteil realisiert werde als in den Entwicklungsplänen stehe, und auf dessen Frage: „Was muss passieren, dass mit dem Geld das Richtige gemacht wird?“, nahm Ringler die Zuständigen der Wasserwirtschaft in Schutz, die – wie er sagte – schon dazu gelernt haben. „Wir brauchen einen integrierten Ansatz – und heute geben wir das Startsignal!“

Vortrag in Auszügen (PDF)