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Allianzen für Alpenflüsse

Erfolgreiches Abschlusstreffen von Experten aus Umwelt und Politik in Benediktbeuern

Umwelt
Donnerstag, 10.10.2019

Zum Thema"Allianzen für Alpenflüsse" trafen sich im Oktober Fachleute rund um das Thema Fluss, Vertreter von Verbänden, Organisationen und Gemeinden sowie interessierte Bürger im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern. Unter ihnen waren auch Wolfgang Hug vom WWF und der stellvertretende Bezirkstagspräsident Michael Asam.
Eine Frau spricht in ein Mikrofon,das ihr ein lächelnder Mann hinhält.
Foto: Manfred Neubauer © Bezirk Oberbayern

Die Veranstaltung bildete den Abschluss einer Dialogreihe zu den Alpenflüssen, mit der der Bezirk Oberbayern über fünf Jahre hinweg das vom Bund geförderte Projekt „Alpenflusslandschaften“ begleitet hat – einem von 30 „Hotspots der biologischen Vielfalt“ in Deutschland.

Das vom Bundesamt für Naturschutz und vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderte Projekt unter der Leitung des WWF läuft seit 2014 und wird 2020 abgeschlossen. Es ist mit 18 Verbundpartnern und einem riesigen Hotspotgebiet das größte Umweltprojekt dieser Art in Deutschland. Fünf Mal hatte der Bezirk zu einem Dialogtag eingeladen, zuletzt unter dem Titel „Alpenflüsse brauchen Allianzen“. Anliegen war es, Vertreter unterschiedlicher Nutzungsinteressen – vom Vogelschutz über Tourismus bis zum Wasserkraftwerk – miteinander ins Gespräch zu bringen. ZUK-Hausherr Pater Karl Geißinger dankte dem Bezirk für dieses Engagement, das auch dem Kloster ein Anliegen sei: Hier in Benediktbeuern sind die Mönche jahrhundertelang dem Alpenfluss Loisach mit Wertschätzung begegnet.“

Den Auftakt bildeten zwei Vorträge. Im ersten berichtete Helmut Friedle vom Tiroler Lech, für dessen Schutz sich der Naturschützer und Wildwassersportler seit Jahrzehnten einsetzt. Erfolgreich haben sich dort die Einheimischen 1980 gegen die geplanten Verbauungen und Kraftwerke gewehrt. Auch der Kraftwerksbau im Bschlabertal konnte abgewendet werden. Der Arbeitskreis „Lebensraum Lech“ wurde gegründet, um die Bevölkerung über das ökologisch einzigartige Flusssystem zu informieren. Nach 2000 wurde der Tiroler Lech dann schließlich unter Schutz gestellt.

Über das Flussmanagement an der Soča in den slowenischen Alpen berichtete im zweiten Vortrag Jernej Stritih, der selbst im Sočatal lebt. Als Staatssekretär im slowenischen Umweltministerium hatte er den Dialog zwischen Fischern, Wasserkraftwerken und Kajakfahrern initiiert. „Obwohl es heute mit jährlich rund 200.000 Touristen im Sommer einen enormen Andrang auf dem Fluss gibt, konnte der Konflikt zwischen Kajakfahrern und Fischern geregelt werden, erläuterte Stritih. Möglich geworden sei das durch den Erlass von Gebühren, fest geregelte Bootseinstiege und limitierte Tages- und Jahreszeiten für Bootsfahrer.

Im Anschluss stellte Moderator Georg Bayerle (BR) im Interview drei Maßnahmen des Hotspotprojekts „Alpenflusslandschaften“ vor. Im ersten ging es darum, Landwirte als Botschafter und Multiplikatoren für den Naturschutz zu gewinnen. Bayerle lud dafür Jungbauer Franz Süßmeier auf die Bühne. Der junge Mann aus Egling besucht die Technikerschule, um einmal den Betrieb des Vaters zu übernehmen. Er hat mit 60 anderen Landwirtinnen und Landwirten einen vom Bund Naturschutz geleiteten Grundkurs im Haus der bayerischen Landwirtschaft besucht. „Wir sind die Generation mit der besten Ausbildung, Ökologie spielt auch für uns eine Rolle, wir sind schließlich auch von der Natur abhängig“, so der künftige Landwirt. „Auch für uns sind Insektenarten wichtig, als Bestäuber und als Bodenlebewesen.“

Lerneffekte gab es jedoch auch bei den Naturschützern, wie Axel Schreiner vom Bund Naturschutz erläuterte: „Wir brauchen mehr Verständnis, letztlich sind es ja immer Menschen, die miteinander sprechen.“ Auch er habe von den Bauern viel gelernt – von der Blauzungenkrankheit bis zur genauen Definition von Massentierhaltung. Ein Erfolg des Projekts ist unter anderem das Angebot von Bauern, Ackerstreifen für den Anbau von Wildkräutern zur Verfügung zu stellen. Die Projekte zur Umweltbildung an Landwirtschafts- und Berufsschulen sollen über das Jahr 2020 hinaus weiterlaufen.

Um die Isar ging es im nächsten Projekt. Als besonders erfolgreich hat sich hier die Beweidung der Isarauen herausgestellt, mit der 2016 begonnen wurde. Durch Verbuschung und Verwalden waren wertvolle Arten zurückgedrängt worden. „Die sogenannten „Schwemmlinge“ wie die Silberwurz und das Schleierkraut hatten keine Chance mehr, sich anzusiedeln“, so Joachim Kaschek vom Isartalverein, der das Weideprojekt durchführt. „Wir hatten keine Vegetation mehr wie an einem Wildfluss.“ Hier kam Weidetierhalter Kaspar Fischer ins Spiel, beziehungsweise seine Passeirer Gebirgsziegen. Sie fressen heute die Gehölze und verhindern, dass sich diese allzu sehr ausbreiten. Dadurch wachsen die sehr artenreichen Magerrasen-Flächen nicht mehr zu. „Diese artgerechte Haltung ist für die Ziegen optimal“, erklärte Fischer, der seinen ganzen Betrieb umgestellt hat.

Ein anderes Problem an der Isar konnte jedoch nicht gelöst werden: das hohe Bootsaufkommen. „Die vom Landratsamt erlassene Bootsverordnung hat es nicht geschafft, die hohe Zahl an privaten Fahrten einzudämmen“, berichtet Fabian Unger vom Landesbund für Vogelschutz. Dass es überhaupt keine Belege zu den negativen Auswirkungen der Boote gebe, hielt Stefan Schmidt vom Bayerischen Kanuverband entgegen. Immerhin stellt die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt ein Monitoring zur Auswirkung des Wassersports auf Fische und Vögel in Aussicht.

Ein voller Erfolg wiederum ist ein Projekt am Lech, bei dem an der Litzauer Schleife eine Kiesbank errichtet wurde. 185 Lkw-Ladungen Kies wurden dafür über das Wasserwirtschaftsamt Kempten vom Halblech antransportiert, gesiebt und mit schwerem Gerät eingebracht. Auf diese Weise wurden Laichplätze für Bachforellen geschaffen. „Mit Schlupfraten von bis zu 80 Prozent sind wir sehr zufrieden“, freute sich Harald Jungbold vom Verein Lebensraum Lechtal.

Positive Bilanz zog auch Michael Asam, der stellvertretende Bezirkstagspräsident von Oberbayern: „Ich bin begeistert, wie sich die Aktion entwickelt hat“, sagte Asam und gab zu, dass er vor fünf Jahren etwas skeptisch gewesen sei. „Es braucht viele, die mit Herzblut dabei sind.“ Als Bürgermeister von Peiting an Lech und Ammer sei er persönlich inzwischen für das Thema Wildfluss sensibilisiert und gebe das auch seine Kollegen in der Politik weiter.

Weitere Informationen zur Dialogreihe: www.bezirk-oberbayern.de/hotspot.
Weitere Informationen zum Hotspotprojekt: www.alpenflusslandschaften.de