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„Fluss-Positionen“ – Zur weiteren Entwicklung von Isar, Loisach, Ammer und Lech

Im Anschluss an den Einführungsvortrag bat Moderator Wolfgang Suske insgesamt sechs Interessensvertreter aus den Bereichen Landwirtschaft, Wasserwirtschaft, Energieversorger, Naturschutz, Tourismus und Gemeinden aufs Podium. Nacheinander äußerten sich Bürgermeister Joseph Schuster, Wasserwirtschaftsamt-Abteilungsleiter Bernhard Müller, der Leiter der Kraftwerksgruppe Lech Dr. Johann Sachmann, Landwirt Franz Sindlhauser, Bootstourenanbieter Heiko Fröhlich und Joachim Kaschek von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen. Nach einer kurzen Vorstellung der Personen legten diese ihre Statements und Positionen zu den Alpenflüssen dar. Per Beamer wurde jeweils ein von ihnen selbst ausgewähltes Foto gezeigt, das ihre persönliche Botschaft unterstreichen sollte.

Josef Schuster: "In meinen Adern fließt das grüne Wasser des Lechs"

Josef Schuster, Erster Bürgermeister der Lech-Gemeinde Burggen, sieht sich als „Schlichter zwischen den Interessensgruppen“. Er erklärte, dass er sich – mit großem Rückhalt aus der Bevölkerung – für den Erhalt der Litzauer Schleife einsetze und berichtete, dass sich die Kindergärten und Schulen in der Region darum bemühen den Wert der Flusslandschaften bewusst zu machen.

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Er kommentierte das Bild, das ihn auf einer Anhöhe über der „Litzauer Schleife“ des Lechs zeigt, mit der Aussage: „Damit signalisiere ich, dass ich mich als Vertreter der Gemeinde vor die Litzauer Schleife stelle und hinter alle Akteure, die das gleiche Ziel verfolgen.“ Schuster berichtete, dass der Lech ein Anziehungspunkt für die Menschen sei, ein Platz zum Ruhefinden und Erholen. Das Ziel, einen naturnahen Zustand des Flusses zu erhalten beziehungsweise durch den Rückbau von Betonverbauungen wiederherzustellen, liege der Gemeinde sehr am Herzen. Auf die Frage von Suske, was er als Bürgermeister zur Erreichung solcher Zielsetzungen beitragen könne, antwortete Schuster: „Ich sehe mich als Schlichter zwischen den Interessensgruppen.“ Außerdem bekräftigte er, wie wichtig es sei, schon von Kindesbeinen an das Bewusstsein für die wertvolle Flora und Fauna am Lech zu schärfen.


Bernhard Müller: „Bei der Renaturierung von Flüssen darf der Mensch als Teil der Natur nicht vergessen werden.“

Bernhard Müller betonte, dass er sich in seiner Position als Abteilungsleiter beim Wasserwirtschaftsamt Weilheim nicht als Gegner des Naturschutzes fühle. Er findet es wichtig und richtig, dass regelmäßig gemeinsame Projekte, etwa mit dem WWF, entwickelt werden.

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Seine Position verdeutlichte er mit einem Bild vom Auwehr in Weilheim. Die Ammer wurde, erklärte Müller, an dieser Stelle mit einer Teilrampe versehen und für Menschen wieder zugänglich gemacht. Außerdem sei dort ein Wasserspielplatz installiert worden, der von Kindergärten, Schulen und Privatpersonen gut angenommen werde. Seine Botschaft lautete: „Ich sehe die Wasserwirtschaft nicht als Gegner des Naturschutzes.“ Es habe sich in den vergangenen Jahrzehnten viel getan, sagte er und fügte hinzu, dass er die Entwicklung gemeinsamer Projekte, etwa mit dem WWF, als wichtig empfinde. Eine von mehreren Zwischenfragen kam von Bezirksrätin Elisabeth Janner vom Bündnis 90 / Die Grünen. Sie wollte wissen, welche Einflüsse es seien, die manche Projekte bremsten. Müller räumte ein, dass das durchaus Naturschutzinteressen sein könnten, betonte jedoch: „Je nach Projekt kommt es zu unterschiedlichen Konflikten.“ Jedoch verfüge das Wasserwirtschaftsamt über die komplette Bandbreite an Fachleuten, die regelmäßig mit externen Experten, wie zum Beispiel mit Vertretern der Ammer-Allianz, im Gespräch seien.



Dr Johann Sachmann: „Grundlast war gestern – heute ist Lückenfüllen!“

Dr. Johann Sachmann, Leiter der Kraftwerksgruppe Lech beim Energieversorger Uniper, erläuterte anhand einer Grafik zum Verhältnis Stromerzeugung und Stromverbrauch die Problematik der Energiewende und betonte die wichtige Aufgabe von Wasserkraftwerken bei der CO²-freien Stromerzeugung für die allseits gewünschte Energiewende.

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Seine Botschaft verbildlichte Dr. Sachmann mit Hilfe eines Diagramms, welches das Verhältnis von Stromverbrauch und Stromerzeugung zeigte. „Hier sehen Sie die Energiewende auf einem Blatt Papier“, erklärte er und erläuterte die Grafik: Der Stromverbrauch, als rote Linie gekennzeichnet, verfüge über tageszeitabhängige Spitzen, die von verschiedenen Energiequellen (Konventionelle, Solar-, Wind-, Laufwasser- und Biomasse-Kraftwerke) in unterschiedlichen Anteilen ausgeglichen werden müssen. Sachmann umriss die Problematik der Stromerzeugung folgendermaßen: „Jeden Tag brauchen wir 80 Gigawatt. Wind steht uns als Energielieferant jedoch nicht immer zur Verfügung, Sonne zwar jeden Tag, aber mit unterschiedlicher Leistung und bei Nacht gar nicht.“ Das bedeute, dass man die Wasserkraftwerke am Vormittag hoch- und bei Sonne und Wind wieder zurückfahre. „Wir sind Lückenfüller geworden“, fasste Sachmann zusammen und fügte hinzu: dass es immer schwieriger werde, auch ökologisch sinnvolle Projekte voranzutreiben. Als Beispiele hierfür nannte er die Windkraft und den Widerstand beim Bau notwendiger Stromtrassen. Dennoch, so betonte er, übernehme die Kraftwerksgruppe Lech Verantwortung für die Flüsse und baue – finanziert aus den Stromerlösen – beispielsweise Fischaufstiege zur Verbesserung der Bestände. Die Frage von Bezirksrätin Johanna Schildbach-Halser, ob die Spitzen beim Stromverbrauch anders ausgeglichen werden könnten als mit Wasserkraft, beantwortete er so: „Nein, nur die Wasserkraftwerke können schnell nachlegen, denn in den Leitungen kann nichts gespeichert werden.“



Franz Sindlhauser: "Naturschutz und Landwirtschaft sind miteinander kombinierbar"

Franz Sindlhauser, Landwirt aus Benediktbeuern appelliert dafür, dass die Bauern in Entscheidungsprozesse rechtzeitig eingebunden werden müssen. Für ihn ist die Loisach die wichtigste Grundlage für den Wasserhaushalt der Gegend. Für die Bauern stellt sie immer schon eine natürliche Grenze zwischen den Futterflächen im Osten und dem Naturgebiet im Westen dar.

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Der Betreiber eines Erlebnisbauern- und Landschaftspflegehofs auf einem Biolandbetrieb hatte als Bebilderung seiner Fluss-Position eine Fotografie einer idyllischen Wiese mit grasenden Kühen als Beispiel einer von ihm bewirtschafteten Weidefläche ausgesucht. Seine Botschaft lautete: „Naturschutz und Landwirtschaft sind selbstverständlich kombinierbar.“ Er gab zu bedenken, dass es ohne die Bewirtschaftung durch die Bauern keine Streuwiesen gebe. Konflikte träten dann auf, wenn man die Bauern bei wichtigen Entscheidungen nicht informiere und diese mit Gerüchten vorlieb nehmen müssten. „Ich appelliere dafür, die Bauern bei Entscheidungen rechtzeitig mit ins Boot zu holen“, betonte Sindlhauser und fügte hinzu, dass die Loisach die wichtigste Grundlage für den Wasserhaushalt des ganzen Tales sei. Sie markiere die Grenze zwischen den Futterflächen im Osten und dem Naturgebiet im Westen. „Wir schätzen diese Naturflächen, aber wir benötigen auch kultivierte Moosflächen für unsere Existenz“, sagte Sindlhauser. Elisabeth Wölfl vom ZUK ergänzte, dass durch angemessene Entschädigungen an die Bauern die Interessen der Landwirtschaft und des Naturschutzes besser zusammengebracht werden könnten.

 



Heiko Fröhlich: „Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es können. (Konfuzius)“

Heiko Fröhlich, Geschäftsführer eines gewerblichen Bootstourenanbieters in Lenggries, möchte „als verlängerter Arm der Isar-Ranger“ eine Bewusstseinsveränderung bei Erholungssuchenden und Bootsfahrern an und auf der Isar herbeiführen und deren Begeisterung für die Landschaft auch für den Naturschutz nutzen.

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Heiko Fröhlich ist Erlebnispädagoge und Geschäftsführer des Bootstourenanbieters Montevia GmbH in Lenggries. Das von ihm gewählte Bild – ein mit Schlauchbooten komplett bedeckter Fluss in Finnland – sorgte für amüsiert-entsetzte Reaktionen aus dem Publikum. Auch Fröhlich nannte diese Aufnahme – vor allem mit dem Gedanken daran, dass es solche Zustände auch auf der Isar geben könnte – „ein Horrorszenario“. Er stelle bei seinen Kunden einerseits eine Sehnsucht nach der Natur fest, andererseits sei es jedoch wichtig sie „an der Hand zu nehmen“ und ihnen auf einem ganzheitlichen Weg den richtigen Umgang mit der Natur zu lehren. „Wir haben die Chance Begeisterung an unsere Gäste weiterzugeben und gleichzeitig eine Bewusstseinsveränderung herbeizuführen.“ Fröhlich betonte: „Wir möchten ein verlängerter Arm der Isar-Ranger sein und mit den Naturschutzverbänden kooperieren.“ 


Joachim Kaschek: „Natürlich wild“

Joachim Kaschek, Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde Bad Tölz-Wolfratshausen, berichtete von positiv zu bewertenden Maßnahmen wie etwa der Umsetzung des Gewässerentwicklungskonzepts im Bereich der Bibermühle, das der Isar wieder mehr Platz verschaffen soll.

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Den Abschluss der Fluss-Positionen auf dem Podium machte Joachim Kaschek. Sein Statement lautete „Natürlich wild“ und er verbildlichte dies mit einer aktuellen Aufnahme vom Rißbach bei Hochwasser – dem Idealtyp eines alpinen Wildflusses. Er betonte: „Die Dynamik gehört zum Fluss, auch wenn dabei gelegentlich ein Auwald „zum Opfer“ wird. Daher versuchen wir der Isar Platz zu geben und die Natürlichkeit eines Gewässers hervorzuheben.“ Er äußerte die Hoffnung, dass das Gewässerentwicklungskonzept des Wasserwirtschaftsamts Weilheim an der „Bibermühle“ bald umgesetzt werde und die Isar an dieser Stelle wieder mehr Platz habe.

 

Aus dem Auditorium meldete sich Margret Hütt vom Bund Naturschutz zu Wort und betonte, dass Naturschutz nur funktioniere, wenn man die Leute mitnehme. Sie appellierte an die Behörden: „Informiert uns über geplante Maßnahmen und wir nutzen unsere Angebote, um mit der Bevölkerung zu kommunizieren.“