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„Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“

München, den Datum: 19.04.2023
Heimat

Im Gespräch: Bezirkstagspräsident Mederer und Bezirksheimatpflegerin Pellengahr

Astrid Pellengahr ist seit April Bezirksheimatpflegerin von Oberbayern und Leiterin der Kulturabteilung des Bezirks Oberbayern. Die promovierte Kulturwissenschaftlerin und Volkskundlerin führt damit beim Bezirk die Abteilungsleitung für Kultur, Bildung und Museen mit der Aufgabe der Bezirksheimatpflege zusammen.

Doppelporträt: Älterer Mann im Anzug mit Dame in gemusterter Kostümjacke
Freuen sich auf die Zusammenarbeit: Bezirkstagspräsident Mederer und Dr. Pellengahr (Foto: Peter Bechmamn © Bezirk Oberbayern)

Herr Bezirkstagspräsident Mederer, warum legt der Bezirk Oberbayern die Bezirkshei­mat­pflege und Kultur in eine Hand?

Josef Mederer Beide Bereiche bieten viele Schnittmengen, sodass es sich anbietet, beide Themen aus einer Warte zu betrachten. Beim Bezirk haben wir den Heimatbegriff sehr weit gefasst, er spielt bei allen unseren Aktivitäten eine Rolle: von der Kulturarbeit über die Museumsarbeit bis hin zu unseren Förderungen, die Kulturprojekte, Heimat- und Denkmalpflege umfassen. Die Kulturgüter in unseren Museen und Archiven prägen das kulturelle Gedächtnis Oberbayerns und schaffen damit Heimat. Hier sind wir in der Vermittlerrolle und fragen, welche Traditionen unsere Heimat geprägt haben. Nicht selten stoßen wir dabei auf Einflüsse, die bis nach Asien reichen. Das können wir bei der Tracht sehen, aber auch bei Instrumenten wie der Zither. Heimat ist viel mehr, als wir auf den ersten Blick vermuten.


Heimatpflege und Kultur für Oberbayern aus einer Hand: Was befähigt Sie, Frau Dr. Pellengahr, zu dieser großen Aufgabe?
Astrid Pellengahr Das Studium der Volkskunde und Empirischen Kulturwissenschaft, das ich hier in München mit Promotion abgeschlossen habe, ist eine sehr gute Basis für viele Aufgaben, insbesondere im Hinblick auf einen offenen, diskursiven Heimat­begriff. Wichtige berufliche Erfahrungen bringe ich sicher aus meiner Tätigkeit als Kulturamtsleiterin in Kaufbeuren und als Leiterin der nichtstaatlichen Museen in Bayern ein. Ich habe ein umfangreiches Netzwerk und bringe zudem viel Verständnis für die Belange ehrenamtlicher Kulturarbeit mit. Im Landesmuseum Württemberg konnte ich als Verantwortliche für ein Team mit 180 Personen meine Führungserfahrung nochmals vertiefen.


Haben Sie schon Pläne für die Ausgestaltung Ihrer neuen Aufgaben?
Pellengahr Ja, selbstverständlich. Aber zuallererst geht es darum, die von meiner Vorgängerin begonnen Projekte weiter intensiv zu begleiten. Dazu gehört die Weiterentwicklung der vormaligen Fachberatungen zu Kompetenzzentren. Mit dem Zentrum für Volksmusik, Literatur und ­Popularmusik in Bruckmühl sind wir schon auf einem sehr guten Weg. In Benediktbeuern wird das Zentrum für Trachtengewand mit dem zugehörigen Forum Heimat und Kultur gerade auch räumlich für die gewachsenen Aufgaben ertüchtigt. In den Kompetenzzentren, in unseren Freilichtmuseen auf der Glentleiten und in Amerang, stecken viele zukunftsfähige Ansätze für die oberbayerische Heimatpflege. Und das Europäische Kunstforum des Bezirks Oberbayern im Freisinger Schafhof bringt intensiv die internationale Dimension ein. Eine unserer gemeinsamen Aufgaben wird auch sein, das oberbayerische Kulturerbe darüber hinaus im digitalen Raum sichtbar zu machen.


Wo sehen Sie große Herausfor­derun­gen?
Pellengahr Die größten Herausforderungen sehe ich im gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dieser war bereits vor der Corona-Pandemie geschwächt und hat durch die individuellen Erfahrungen vieler Menschen in den letzten drei Jahren nochmals abgenommen. Die Bertelsmann-Stiftung hat dies jüngst in einer Studie für die Dimensionen sozialer Beziehungen bundesweit aufzeigen können. Hieraus erwächst eine verantwortungsvolle Aufgabe für alle Kultureinrichtungen und selbstverständlich auch für meinen Zuständigkeitsbereich. Es geht darum, das Engagement im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen zu stärken. Wichtig ist für mich auch die Frage, welchen Beitrag wir zur aktuellen Demokratie- und Wertedebatte leisten können. Da haben wir gute Anknüpfungspunkte: Der Bezirk Oberbayern engagiert sich in der Jugendbildung und im Bereich Schulen, der ebenfalls zu den Aufgaben meiner neuen Stelle gehört und neu für mich ist. Die Termine für die Antrittsbesuche sind schon geplant.


Wo fängt kulturelle Teilhabe für Sie an?
Pellengahr Kulturelle Teilhabe bedeutet für mich zuallererst immer Empowerment. An meiner letzten Wirkungsstätte habe ich eine Stabsstelle für kulturelle Teilhabe eingerichtet, denn der Weg hin zu einer inklusiven Kultureinrichtung beginnt mit dem Kompetenzerwerb und der Veränderung der Haltung in der Institution selbst. Hier treffe ich bei Bezirk Oberbayern auf beste Voraussetzungen, da Inklusion eine der Leitlinien bezirklichen Handelns ist.