Ausgezeichnete Kunst von jungen Kreativen auf der Heim+Handwerk
München, den Datum: 28.11.2023Verleihung des Oberbayerischen Förderpreises für Angewandte Kunst 2023
Der 13. Oberbayerische Förderpreis für Angewandte Kunst ist 2023 wieder zu Gast auf der Messe Heim und Handwerk. Am ersten Ausstellungstag zeichnete die stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Friederike Steinberger sieben Kreative mit insgesamt 12.000 Euro aus. Von 64 Wettbewerbsbeiträgen sind nun 37 ausgewählte Objekte auf der Messe zu sehen.
Auf dem blauen Teppich der Förderpreisausstellung in der Halle A6 drängten sich die Gäste zwischen den Möbelstücken, Schmuck-Vitrinen, Holzskulpturen und beleuchteten Glasobjekten und warteten gespannt auf das Ergebnis des Wettbewerbs. In ihrer Rede betonte die Vize-Bezirkstagspräsidentin Steinberger die Bedeutung der Messe „als Plattform, auf der sich die jungen Künstlerinnen und Künstler einem breiten Publikum präsentieren können.“ Nachwuchsförderung sei für den Bezirk Oberbayern ein wichtiges Thema. Die Bezirksheimatpflegerin und Leiterin der Kulturabteilung, Dr. Astrid Pellengahr, würdigte in ihrer Laudatio die ausgezeichneten Arbeiten.
Der erste mit 5.000 Euro dotierte Preis ging an den 31-jährigen spanischen Künstler Eduardo Palomares. Er wurde für Keramikobjekte ausgezeichnet, die in der Technik des Salzbrandes ausgeführt wurden. Die gefäßartigen Objekte der Arbeit „Inns Wasser“ sind schwarz verbrannt, teils weiß verkrustet und von weißem Alpensalz umgeben. Sie vermitteln laut Jury „das beklemmende Bild eines niedergebrannten Waldes oder einer zerbombten Stadt“ – Bilder, die 2023 in vielen Nachrichtensendungen zu sehen waren.
Der Nachwuchskünstler hat in Madrid sein Studium der bildenden Kunst begonnen, abschließen wird er es in München an der Kunst-Akademie. Er berichtete in seiner Bewerbung von „Reisen zwischen Bergen und Ozeanen, die ihm als Ausgangspunkt für seine Performances und keramische Arbeiten dienen und bei denen er „sein Atelier nach Außen verlegt“.
Der zweite Preis über 3.000 Euro ging an die 23-jährige Holzbildhauerin Antonia Weber für eine Skulptur aus Eiche mit dem Titel „Das Selbst in unserer Zeit“. Die Holzplastik zeigt den Oberkörper einer jungen Frau mit gestrecktem rechten und angewinkeltem linken Arm, den Kopf in den Nacken gelegt und den Blick auf die rechte Hand gerichtet. Antonia Weber stammt aus Rotthalmünster und absolviert gerade eine Ausbildung zur Holzbildhauerin. Die Jury beeindruckte die Arbeit, in der das Thema Ausgesperrt- oder Eingesperrtsein durch die expressive Haltung und die Oberfläche der Skulptur zum Ausdruck komme. So erhalten die Fingerkuppen, Handballen, Unterarme und eine Wange durch Anschleifen eine dunklere glatte Oberfläche, die aussieht, als würden sie gegen eine gläserne Scheibe gedrückt. Antonia Weber besucht noch die Meisterschule für das Holzbildhauerhandwerk in München.
Über 2.000 Euro für den dritten Preis freute sich die 25-jährige Schmuckkünstlerin Camilla Prey aus Weimar, die seit 2022 an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert. Sie bewarb sich unter anderem mit zwei Ohrringen aus Wachs, über deren besondere Entstehung ein Video Auskunft gibt. Die Künstlerin taucht darauf in einem fast meditativen Akt viele Male ihre Ohrläppchen vor einem Spiegel in ein kleines Gefäß mit flüssigem Wachs, bis Schicht für Schicht und Tropfen für Tropfen eine teils zufällige Form entsteht, die direkt mit dem Ohr verbunden ist. Die Künstlerin, hat zunächst Kulturantrophologie in München und in Wien und dann in Tallin und Lissabon Schmuckdesign studiert. Durch die Wiederholung einer Geste legte sie in ihrer Arbeit auf die natürliche Erfahrung der Zeit wert. Auch die Jury sah in der Arbeit Aspekte der Zeit und des Verschmelzens mit der Natur verwirklicht, die über das Schmücken hinausgehen.
Eine der drei mit 500 Euro dotierten Anerkennungen ging an den Schreinermeister und Objektdesigner Florian Meigel aus Benediktbeuern. Der 25-jährige gebürtige Tölzer hat sich vorgenommen mit der Tischskulptur „s‘vegal“ den „Spitzer neu zu erfinden“. Mithilfe von Kugellagern und mit exzentrischen Klingen wird das Bleistiftspitzen plötzlich zum Erlebnis nach dem Motto „Stift festhalten und gegen den Uhrzeigersinn rotieren“. Die Jury überzeugte die Kombination aus technischer Raffinesse und haptischer Qualität, die das an den Griff der Hand angepasste Hightech-Instrument aus Eibe und Ahorn aufweist. Florian Meigel hat in diesem Jahr die Weiterbildung zum Objekt- und Raumdesigner an der Schule für Holz und Gestaltung des Bezirks Oberbayern in Garmisch-Partenkirchen absolviert.
Die zweite Anerkennung ging an Maria van Vügt, die in diesem Jahr ein Studium für Industriedesign an der Hochschule München abgeschlossen hat. Die 32-Jährige bewarb sich mit einem Hocker aus Linoleum, der seine Formstabilität durch eine Technik erhält, die die Künstlerin aus dem Papierfalten übernommen hat. Aus der zweidimensionalen Linoleumplatte entsteht mithilfe von vier präzisen Faltlinien und einer unsichtbaren Bodenplatte aus Holz ein stabiler Sitzhocker, dessen gewölbte Sitzfläche durch perfekte Halbbögen in drei schalenförmigen Beinen mündet.
Maria van Vügt machte nach einer Lehre als Raumausstatterin und Berufsjahren in Australien und München eine Weiterbildung zur Gestalterin im Handwerk, bevor sie ins Industriedesign wechselte.
Die dritte Anerkennung hat sich die 35-jährige Carolina Lutz verdient. Die in Lenting lebende Schmuckkünstlerin begann ihre Ausbildung an der Berufsfachschule in Neugablonz und studierte bis 2020 an der Akademie der Bildenden Künste in München. Die Anerkennung erhielt sie für das Objekt „Naht“, bei dem sie „den Besitzer zum Mitschöpfer seines Schmuckstückes macht“. Man erhält zunächst ein Stück Vlies, aus dem entlang der eingearbeiteten titelgebenden Naht eine Form mit silbern bemalten Blättern herausgelöst werden muss, bevor man sich die Halskette umlegen kann. So entsteht aus einer Ideenskizze Schmuck.
Eine weitere Anerkennung ging an den Studenten einer Schmuckklasse. Der im Iran geborene, aber in München lebende Pouya Bakhshi studiert an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg Schmuck und Gerät. Der 30-jährige Künstler wird für die Arbeit mit dem Titel „Ich bin eingewandert, der Teppich nicht“ ausgezeichnet. Dabei geht es um ein besonderes Projekt. Er hat sich vorgenommen den „Familienteppich“, der bei seinen Eltern daheim im Iran geblieben ist, hier im Exil in Form von 2.500 emaillierten Silberbroschen und Halsketten neu zu erschaffen. Die Farben und Formen des Originals sollen diese Teilstücke getreu wiedergeben. Grundlage der Arbeit sind Detailfotos des Teppichs, die ihm seine Eltern schickten. Die Jury beeindruckte die „Idee der Zerstückelung der Erinnerung und der Sehnsucht nach Zugehörigkeit“. Pouya Bakshi hatte schon in Teheran Schmuck gestaltet und Kunst studiert.
Der Bezirk Oberbayern verleiht seit 2010 jährlich den Oberbayerischen Förderpreis für Angewandte Kunst in den Bereichen Schmuck, Gerät, Keramik, Holz, Glas, Textil, Papier, Metall, Stein und Kunststoff. Mit dem Preis zeichnet er den Nachwuchs aus Kunst, Handwerk und Design für herausragende Leistungen aus. Das Höchstalter für Teilnehmende beträgt 35 Jahre. Sie müssen ihren Wohn- oder Werkstattsitz in Oberbayern haben. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Fachjury nach den Kriterien Innovation, Funktion, Ästhetik, Ausführung und handwerkliche Qualität.
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Der Oberbayerische Förderpreis für Angewandte Kunst 2023 auf der Messe Heim+Handwerk: (von links) die weitere stellvertretende Bezirkstagspräsidentin Friederike Steinberger, Antonia Weber (2. Preis), Florian Meigel (Anerkennung), Eduardo Palomares (1. Preis), Maria van Vügt (Anerkennung), der stellvertretende Bezirkstagspräsident Rainer Schneider, Camilla Prey (3. Preis), Pouya Bakhshi (Anerkennung), Carolina Lutz (Anerkennung)
Foto: Peter Bechmamn
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Der Gewinner des ersten Preises Eduardo Palomares mit seiner Arbeit "Inns Wasser"
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Eduardo Palomares: »Inns Wasser«; Keramik, Alpensalz, verschiedene Größen
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Der Gewinner des zweiten Preises Antonia Weber vor ihrer Arbeit »Das Selbst in unserer Zeit«
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Antonia Weber: »DAS SELBST IN UNSERER ZEIT«, Esche; gefräst, geschnitzt; 40 x 25 x 105 cm
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Der Gewinnerin des dritten Preises Camilla Prey vor ihrer Arbeit »Wachsen«
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Camilla Prey: »Wachsen«, Bienenwachs, schwarze Ölfarbe, 14 x 3 x 1 cm
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Carolina Lutz erhielt eine Anerkennung für ihre Arbeit "Naht"
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Carolina Lutz: »Naht«, Baumwolle, Anlegemittel, Blattsilber; Freihandsticken, Versilberung; 25 x 25 cm
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Florian Meigel erhielt eine Anerkennung für seine Arbeit "s'vegal"
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Florian Meigel: Rotationsspitzer »s'vegal«; Massivholz Esche; 5-Achs-CNC-Arbeit & Handarbeit; 15 x 16,5 x 13 cm
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Pouya Bakhshi erhielt eine Anerkennung für seine Arbeit »Ich bin eingewandert, der Teppich nicht«
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Pouya Bakhshi: »Ich bin eingewandert, der Teppich nicht«
Sterlingsilber, Emaille; Gießen, 6 x 4 x 0,5 cmFoto: Privat
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Erhielt eine lobende Anerkennung: Maria van Vügt zwischen der weiteren stellvertretenden Bezirkstagspräsidentin Friedericke Steinberger und der Leiterin des Kulturreferates Dr. Astrid Pellengahr
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Maria van Vügt: »Octopi« Linoleum, Holzplatte, Papierfalttechnik, 42 x 42 x 44 cm
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