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Kategorie: Gesundheit
30.12.2019

Pflege: Neues Gesetz entlastet Angehörige

Unterhaltspflicht von Kindern und Eltern pflegebedürftiger Menschen nur noch bei Jahreseinkommen ab 100.000 Euro brutto

Nur wer mehr als 100.000 Euro brutto pro Jahr verdient, muss seit dem 1. Januar 2020 für den Unterhalt seiner pflegebedürftigen Angehörigen aufkommen. Dies regelt das neue Angehörigenentlastungsgesetz. Es gilt sowohl für die Eltern pflegebedürftiger Kinder als auch für Kinder, deren Mutter und/oder Vater pflegebedürftig sind. Angehörige mit einem geringeren Jahreseinkommen als 100.000 Euro brutto, sind künftig vom Unterhalt befreit.

Der Wegfall der Unterhaltszahlungen hat auf den Bezirk Oberbayern weitreichende Auswirkungen. Der Bezirk kalkuliert mit Mehrausgaben in Höhe von mehreren Millionen Euro pro Jahr. Darüber hinaus lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob sich das Gesetz auf die Zahl der leistungsberechtigten Personen auswirken wird. „Wir wissen derzeit nicht, wie viele Menschen neu den Antrag auf Hilfe zur Pflege stellen, weil ihre Angehörigen nicht mehr herangezogen werden. Das ist für den Bezirk Oberbayern eine große Unbekannte“, erklärte Bezirkstagspräsident Josef Mederer. „Außerdem erwarten wir eine Zunahme stationär pflegebedürftiger Menschen, die aus finanziellen Gründen bisher zuhause gepflegt wurden und nun ins Heim ziehen.“

Der Bezirk Oberbayern erläutert derzeit in einem Serienbrief allen unterhaltspflichtigen Personen die gesetzlichen Änderungen. Er informiert darüber, dass die bisherigen Unterhaltszahlungen eingestellt werden können. Für Fragen dazu stehen die jeweiligen Sachbearbeitenden zur Verfügung. Weitergehende Fragestellungen beantwortet die Servicestelle des Bezirks Oberbayern. Hier erhält man auch Unterstützung, soweit eine allgemeine Beratung zu diesem Thema gewünscht wird.

1.    Unterhaltsleistungen von Eltern für ihre volljährigen Kinder

Die neue gesetzliche Regelung sieht vor, dass Unterhaltsleistungen von Eltern für ihre volljährigen Kinder nur noch dann zu erbringen sind, wenn mindestens ein Elternteil über ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro verfügt.

Diese Gesetzesänderung hat folgende Auswirkung auf Unterhaltszahlungen an den Bezirk Oberbayern ab 01.01.2020:

  • Der Unterhalt für die Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) entfällt ab 01.01.2020.
  • Der Unterhalt für Leistungen nach dem Siebten Kapitel des SGB XII (Hilfe zur Pflege), der bisher nach § 94 Absatz 2 Satz 1 SGB XII gefordert wurde, entfällt ab 01.01.2020.
  • Der Unterhalt für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII (Eingliederungshilfe), der bisher nach § 94 Absatz 2 Satz 1 SGB XII gefordert wurde, entfällt ab 01.01.2020. Der dafür in § 138 IV SGB IX vorgesehene Kostenbeitrag durch die Eltern entfällt durch das Angehörigenentlastungsgesetz ebenfalls.

Für den Fall, dass die oben genannten Bedingungen auf unterhaltspflichtige Personen zutreffen, bittet der Bezirk Oberbayern entsprechende Zahlungen ab 01.01.2020 einzustellen und gegebenenfalls einen erteilten Dauerauftrag zu widerrufen.

2.    Unterhaltszahlungen von unterhaltspflichtigen Kindern für ihre Eltern

Diese neue gesetzliche Regelung hat folgende Auswirkung auf die Unterhaltszahlungen von unterhaltspflichtigen Kindern für ihre Elternan den Bezirk Oberbayern ab dem 01.01.2020:

  • Der Unterhalt für die Leistungen nach dem SGB XII mit Ausnahme der Leistungen nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung), der bisher nach § 94 SGB XII gefordert wurde, entfällt ab 01.01.2020 für Kinder mit einem Jahresbruttoeinkommen von weniger als 100.000 Euro.
  • Wenn das  Gesamteinkommen des unterhaltspflichtigen Kindes im Sinne des § 16 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) mehr als 100.000 Euro brutto pro Person (Jahreseinkommensgrenze) beträgt, besteht weiterhin Unterhaltspflicht.

Soweit das Bruttojahreseinkommen der unterhaltspflichtigen Person unter 100.000 € liegt, bittet der Bezirk Oberbayern, die Zahlungen zum 01.01.2020 einzustellen und gegebenenfalls erteilte Daueraufträge entsprechend zu ändern.

Weitere wichtige Hinweise:

  • Diese Gesetzesänderung betrifft nicht die Unterhaltszahlungen von geschiedenen/getrenntlebenden Ehegatten/Lebenspartnern.
    Hier sind die Leistungen wie bisher zu erbringen.
  • Ebenso sind unterhaltspflichtige Kinder weiterhin zur Unterhaltszahlung im bisherigen Umfang verpflichtet, wenn ihr Jahreseinkommen, das der aktuellen Unterhaltspflicht zugrunde liegt, über 100.000 € brutto liegt.
  • Die Aufforderung zur Zahlungseinstellung gilt nicht für Vereinbarungen zur Ratenzahlung, die wegen Unterhaltsrückständen bestehen.
  • Der Unterhalt wird in allen Fällen bis einschließlich Dezember 2019 geschuldet. Soweit bis zum Wegfall der Verpflichtung Zahlungsrückstände bestehen, sind diese auszugleichen.

Weitere Informationen:

Ausgaben des Bezirks Oberbayern für Hilfe zur Pflege im Jahr 2020:  Ambulante Hilfe zur Pflege: 99 Millionen Euro. Stationäre HIlfe zur Pflege: 179 Millionen Euro.
Foto: Bezirk Oberbayern

Der Bezirk Oberbayern ist als überörtlicher Sozialhilfeträger für die ambulante und stationäre Hilfe zur Pflege zuständig. Für beide Bereiche rechnet der Bezirk 2020 mit Ausgaben in Höhe von 275 Millionen Euro. Davon entfallen 99 Millionen auf die ambulante Hilfe zur Pflege – ein Plus von knapp 30 Prozent gegenüber 2019. Ursache ist der starke Anstieg der ambulant Pflegebedürftigen von 3.940 auf 5.000 Personen. Für die rund 14.200 stationär gepflegten Menschen hat der Bezirk 180 Millionen Euro in seinen Haushalt eingestellt. Für beide Bereiche zusammen rechnet der Bezirk mit Mehrausgaben in Höhe von über 37 Millionen Euro – ein Plus von 15,6 Prozent.

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