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Wohnen mit (Jugend-)Stil – März

Ein großer heller Raum. In der Mitte steht ein langer dunkler Konferenztisch. Der Raum ist unter dem Dach mit einem Spitzboden und hellbraunen Gebälk.
Foto: Gabriel Büchelmaier © Bezirk Oberbayern

Wer in München eine bezahlbare Wohnung sucht, kann viele Geschichten erzählen: von Schlangen bei Besichtigungsterminen, endlosen Vormerklisten bei Genossenschaften, unfreundlichen Maklern und dreisten Mietforderungen. Und selbst wer eine Wohnung hat, ist noch längst nicht sicher. Wer weiß, ob die Besitzer nicht auf die Idee kommen, das Haus zu sanieren und utopische Mieten zu verlangen? München steht in einer Reihe mit vielen großen Städten in Deutschland, in denen Wohnen längst Luxusgut ist und sich vielerorts Unmut regt – bis hin zu Volksbegehren gegen Mietwucher und Wohnungsnot.

Bezahlbarer Wohnraum für alle

Doch es gibt auch die andere Seite: Wohnungsunternehmen und Baugesellschaften, denen Sozialverträglichkeit ein Anliegen ist und die guten und gleichzeitig bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen schaffen. Dazu zählen auch die „Oberbayerische Heimstätte“ (OH) und ihr Tochterunternehmen „Deutsches Heim“ (DH), bei denen der Bezirk Oberbayern Hauptgesellschafter ist. Für die Oberbayerische Heimstätte ist eine Wohnung, wie sie selbst sagt, „nicht nur ein Wirtschaftsgut, sondern auch ein Sozialgut“. 2017 ist die OH zusammen mit der Deutsches Heim von München-Haidhausen nach Haar umgezogen: Dorthin, wo sich auch etwa 1 000 ihrer rund 5 400 Wohnungen befinden, darunter viele in der neuen Wohnanlage „Jugendstilpark“.

Ein großes dreistöckiges Haus mit einem Spitzdach. Vor dem Haus steht ein großer Laubbaum.
Foto: Gabriel Buechelmeier © Bezirk Oberbayern

Ermöglicht wurde dieses Wohnprojekt, weil durch die Dezentralisierung der örtlichen Psychiatrie zahlreiche Einrichtungen des heutigen kbo-Isar-Amper-Klinikums München-Ost in die oberbayerischen Regionen verlagert wurden. Etliche Klinikgebäude wurden nicht mehr benötigt. So entstand beim Bezirk Oberbayern die Idee, das weitläufige Gelände Haar II in ein Wohngebiet umzuwandeln. Und Oberbayerische Heimstätte und Deutsches Heim zogen gleich mit um. Als neuer Firmensitz dient ihnen das ehemalige Verwaltungsgebäude der früheren Bezirksklinik aus dem Jahr 1912, das Teil des Jugendstilparks ist.

Altes Gebälk und neue Gauben

Das denkmalgeschützte Haus musste allerdings erst aufwändig kernsaniert werden, um auch heutigen Ansprüchen zu genügen. Dabei sollte möglichst viel von der alten Bausubstanz erhalten werden. Der Plan ist aufgegangen: Wie früher empfängt die vielgestaltige Fassade des Jugendstil-Gebäudes mit Glockenturm, Bogengang, Erkern, Gauben, Sprossenfenstern und den filigranen Steinmetzarbeiten von Joseph Floßmann und Georg Albertshofer die Gäste des Hauses. Die alten Kastenfenster wurden aufgearbeitet, und auch die rund 3 000 mundgeblasenen Fenstergläser blieben erhalten. Ebenso wie das Holz von Treppen, Türen, Vertäfelung, Dachgauben und Dachbalken. Gleichzeitig hielt modernste Haustechnik Einzug, und in den Räumen entstanden zeitgemäße Büros. Das Herzstück des Hauses ist der große Konferenzsaal direkt unter dem Dach. Altes Gebälk und neue Gauben vereinen sich zu einem außergewöhnlichen Raum- und Lichtkonzept. Ein besonderes Gepräge bekommt der Raum durch die Wendeltreppe, die ihren Standort einem Versehen verdankt: Ursprünglich sollte sie auf der rechten Seite sein, durch ein Missverständnis landete sie jedoch in der Mitte – wodurch sich die davor liegende Tür nicht mehr öffnen ließ. Der „Schildbürgerstreich“ gefiel aber, und so wurde kurzerhand der Eingang versetzt. 

Heute flankiert der neue Firmensitz in der Casinostraße 77 den Jugendstilpark, der sich entlang der Leibstraße ausbreitet: ein Ensemble, das seine Vergangenheit nicht verleugnet – und doch für die Zukunft steht.