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Geschichte in Schichten – August

Links steht ein zweistöckiges Haus mit weißer Fassade. Die Fenster im oberen Stockwerk haben türkisfarbene Fensterläden. Rechts weiter hinten im Bild steht eine kleine Kirche mit zwei Türmen.
Foto: Michael Heinrich © Bezirk Oberbayern

Wer in den alten Gemäuern des früheren Benediktinerklosters Seeon gräbt, stößt unweigerlich auf die Reste vergangener Jahrhunderte. Schicht für Schicht geben die Bauwerke ihre Geschichte frei und erzählen von früheren Besitzern ebenso wie von ihrer einstigen Nutzung. Das gilt auch für das Hirschfeldanwesen, das der Bezirk Oberbayern 2014 aus Privatbesitz erwarb, umbauen ließ und 2018 unter dem Namen „Kramerhaus“ als neues Gäste- und Tagungshaus für sein Kultur- und Bildungszentrum Kloster Seeon eröffnete. Was man aus alten Stichen, Katasterblättern und Berichten der Vorbesitzer erschließen konnte, bestätigte sich bei den Umbauarbeiten an dem denkmalgeschützten Haus. Hier zeigten sich nicht nur die Reste des ursprünglichen Gebäudes aus der Zeit um 1700, sondern auch die Erweiterungen der folgenden Jahrhunderte. Ein alter Brunnenschacht war ebenso vorhanden wie ein historisches Tonnengewölbe, das ursprünglich wohl als Stall oder Lager diente und in dem sich später auch ein Kramerladen befand. Vom klösterlichen Stall über ein Kramerhaus bis zum gutbürgerlichen Wohnhaus – das Gebäude im Klosterweg Nr. 6 hat Vieles erlebt.

Historisches Erbe sichtbar machen

Für die Architekten, die mit der Umgestaltung des Kramerhauses beauftragt wurden, lautete die Herausforderung: ein modernes Gästehaus gestalten, dabei sensibel mit der historischen Bausubstanz umgehen, den Charakter des Bauwerks erhalten und zugleich seine Geschichte erlebbar machen. Das gelang unter anderem, indem man die Mittelwand, die einmal eine Außenwand des ursprünglichen Gebäudes war, von ihren dicken Putzschichten befreite und das Mauerwerk freilegte. So zeigt sich heute sowohl im Erdgeschoss als auch in den oben liegenden Zimmern, wo früher einmal die Außenmauer verlief. Das Tonnengewölbe hingegen bildet den stilvollen Rahmen für einen Tagungsraum und ein Kaminzimmer, die mit ihrem geschliffenen Estrich an den möglichweise früher vorhandenen Stampflehmboden erinnern. Der Dielenboden und die kassettenartige Holzdecke im Vorraum des Kramerhauses wiederum sind Anklänge an die bürgerliche Vergangenheit des Gebäudes. Das historische Erbe für die Gäste sichtbar zu machen, war jedoch nicht die einzige Herausforderung. Der Bezirk Oberbayern wünschte sich auch Barrierefreiheit: sowohl für die Hotelgäste als auch für die Besucherinnen und Besucher der Kirche St. Lambert, die vorher 17 Stufen überwinden mussten. So entstand in einem Anbau ein Aufzug, mit dem nun alle problemlos nach oben gelangen.

Helles Gewölbe mit hellen Holzschränken und Türen.
Foto: Michael Heinrich © Bezirk Oberbayern

Der Ankauf des Hirschfeldanwesens erwies sich in mehrfacher Hinsicht als Glücksfall. Denn zusammen mit dem Gebäude erwarb der Bezirk auch das Gelände, das zu dem Anwesen gehörte. Nun konnte er einen Rundweg um das beliebte Ausflugsziel auf der Halbinsel im Seeoner See schaffen. Eines von vielen Puzzlestückchen des „Zukunftsprojekts Kloster Seeon“, zu dem nicht nur der Umbau des Tagungsrestaurants und die Renovierung der rund 90 Hotelzimmer gehören. So soll aus dem früheren Café Leuchtenberg die neue „Eingangspforte“ zu Kloster Seeon werden – samt Klosterladen und kleiner Gastronomie. Bereits fertig ist ein Holzschnitzel-Heizwerk als Ersatz für die bisherige Ölheizung.

Oberstes Ziel: Erhalt des Denkmals

„Wir müssen uns gewaltig ins Zeug legen, wenn wir uns den aktuellen Anforderungen anpassen wollen“, erklärt Bezirkstagspräsident Josef Mederer. Ziel sei jedoch nicht allein eine Gewinnsteigerung, sondern vor allem auch der Erhalt des Denkmals: damit Kloster Seeon und seine Geschichte lebendig bleiben.