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Glück – von Hand gemacht - August

Aus dem Kofferraum eines VW-Bus ragt ein Schubladensystem aus blau lackiertem Holz. Im Hintergrund eine saftig grüne Wiese mit Bergen.
Kochen, kühlen, abspülen: All das und noch mehr bietet das Schubladensystem, das Jonas Pistor von den Schulen für Holz und Gestaltung in seinen VW-Bus eingebaut hat. (© Peter Boerboom)

Sich in den Ferienflieger setzen, in ferne Länder reisen und im Hotel den Urlaub genießen: Das alles wurde in Corona-Zeiten plötzlich unmöglich. Was blieb, war das Glück im Kleinen. Ein Wochenende am See oder ein Ausflug in die Berge – natürlich ohne Kontakt zu anderen. Kein Wunder, dass der Ansturm auf Wohnmobile plötzlich riesengroß wurde. Und wie gut, wenn man Schreiner ist und seinen VW-Bus selbst in ein Wohnmobil umbauen kann. So wie Jonas Pistor, Absolvent der Schulen für Holz und Gestaltung (SHG) des Bezirks Oberbayern in Garmisch-Partenkirchen. Der Küchenblock für seinen VW-Bus wurde sogar sein Meisterstück. Zum Abschluss seiner Ausbildung fertigte er eine Kombination, die durch ihr Design ebenso glänzt wie durch ihr Innenleben. Eine integrierte Kochplatte ist vorhanden, außerdem ein Kühlschrank, ein Spülbecken und viel Stauraum.

Noch vor 25 Jahren wäre das anspruchsvolle Objekt trotz perfekter Ausführung und Materialwahl an den SHG wahrscheinlich gar nicht zur Prüfung zugelassen worden. Denn ein Meisterstück nach alter Schule ist es nicht. Doch genau das ist ein zentrales Anliegen der Schulen für Holz und Gestaltung. Gemeinsam mit der „Generation Z“ will die Einrichtung neue zeitgemäße Inhalte, Definitionen und Sichtweisen für das traditionelle Holzhandwerk finden. Oder, wie Schulleiter Florian Becker sagt: „Die SHG können nur dann zukunftsfähig bleiben, wenn sie ihre inhaltliche Ausrichtung kontinuierlich hinterfragen und prüfen.“

Doch nicht nur inhaltlich gehen die Schulen neue Wege. Auch technologisch müssen sie sich immer wieder neu aufstellen. So kam für den Wohnmobil-Ausbau zum Beispiel die hochmoderne CNC-Fräse aus den SHG zum Einsatz, mit der Jonas Pistor verdeckte Bohrungen und Verbindungen vornahm. Die moderne Technik mit ihren komplexen Arbeitsabläufen und Sicherheitsauflagen fordert jedoch viel Platz. Und so planen die Schulen momentan ein neues „Kompetenzzentrum für digitale Holzbearbeitung“. Entstehen soll der Erweiterungsbau auf einem Nachbargrundstück der Schulen. Für Florian Becker ist dieser Schritt „eine zwingende Notwendigkeit in Richtung Zukunft, wenn unsere Einrichtung zukunftsfähig, konkurrenzfähig und wegweisend bleiben möchte.“

Der Bezirk Oberbayern lässt sich die SHG, zu denen die Berufsfachschulen für Schreiner und für Holzbildhauer, die Meisterschule für Schreiner und die Fachakademie für Raum- und Objektdesign gehören, Jahr für Jahr viel Geld kosten. Doch die Rechnung scheint aufzugehen. Seit Jahren erfreut sich die Einrichtung großer Beliebtheit. So bewerben sich auf die 17 verfügbaren Ausbildungsplätze der Fachschule für Schreiner jährlich rund 80 Interessierte, unter denen dann mit einer Aufnahmeprüfung ausgewählt werden muss. Und die Meisterschule ist sogar auf Jahre hinaus ausgebucht. Aktuell reicht die Warteliste bis zum Jahr 2025.

Zum guten Ruf der Schule trägt auch das Engagement bei, das Lehrkräfte und Schulpersonal an den Tag legen. Und die Bemühungen um eine möglichst vielseitige Ausbildung. So können die Auszubildenden – unter denen immer mehr Schülerinnen sind – seit 2019 auch an einem Erasmus+-Austauschprogramm teilnehmen und einen Aufenthalt im Ausland absolvieren. Schulleiter Florian Becker jedenfalls sieht die Schulen, die 2019 ihr 150-jähriges Jubiläum feiern konnten, „auf einem hervorragenden Weg“: „Für mich ist das eindeutig eine Erfolgsgeschichte.“