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Einmal Super, bitte! - Juli

Ein altes schwarz-weiß Bild mit drei Jungs an einer Tankstelle. Einer von ihnen, gekleidet in bayrischer Tracht, lehnt an der Zapfsäule. Auf ihr die Aufschrift "Gasolin".
Die historische Gasolintankstelle aus Oberrwössen-Brem, wie sie heute im Freilichtmuseum Glentleiten besichtigt werden kann. (© Privatbesitz Meier)

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“, sangen schon „Die Drei von der Tankstelle“ in dem UFA-Filmklassiker von 1930. Die „Drei von der Tankstelle“ auf unserem historischen Bild von 1959 sehen das sicher ähnlich. Auch, wenn die Freunde in diesem Fall Brüder beziehungsweise Cousins sind. Denn mit denen kann man ja ebenfalls wunderbar Unsinn machen – zum Beispiel Tankwart spielen. Der „Spielplatz“ war eine Gasolintankstelle, die von 1953 bis 1982 im Unterwössener Ortsteil Oberwössen-Brem (Landkreis Traunstein) betrieben wurde – von Hias Meier, dem Vater von zwei der drei kleinen Tankwarte.

An der Deutschen Alpenstraße gelegen, war die Tankstelle Anlaufpunkt für viele Urlauberinnen und Urlauber auf ihrem Weg durch die Berge: eine Zeitzeugin des Tourismus der 1950er-Jahre – und ein spannendes Objekt für das Freilichtmuseum Glentleiten, in dem sie seit 2021 ihren neuen Standort hat. Das Museum des Bezirks Oberbayern beschreitet mit diesem Ausstellungsstück neue Wege. Denn eine Tankstelle gibt es in einem bayerischen Freilichtmuseum bislang nur an der Glentleiten. Sie steht dort als Beispiel für die moderne Architektur der Nachkriegszeit auf dem Land und für den Beginn der Massenmotorisierung. „Mit der Tankstelle können wir ein weiteres Kapitel Tourismusgeschichte aufschlagen“, erklärt Museumsdirektorin Dr. Monika Kania-Schütz. „Die Not der Nachkriegszeit war überwunden, man fuhr wieder in den Urlaub. Viele Gäste wollten die landschaftliche Schönheit Bayerns genießen und nutzten die Alpenstraße.“ Die Bedeutung dieser Route wird im Freilichtmuseum im Übrigen noch zusätzlich gewürdigt: mit einer Publikation und einer Sonderausstellung rund um das Tanken an Deutschlands ältester Ferienstraße.

Die Tankstelle in Brem hatte lange Zeit Feriengäste wie Einheimische mit Kraftstoff versorgt, bis sie Anfang der 1980er-Jahre geschlossen wurde. Doch selbst danach prägte sie immer noch das Ortsbild von Unterwössen. Erst als die Gemeinde sich 2019 verpflichtete, die Station für die Neugestaltung der Ortsdurchfahrt zurückzubauen, musste der Bau aus Stahl, Beton und Glas weichen. Dass das Gebäude schließlich im Freilichtmuseum Glentleiten Aufnahme fand und damit vor dem Abriss gerettet wurde, freute die Verantwortlichen in der Gemeinde. Stück für Stück wurde die Tankstelle abgebaut und mithilfe von Spezialisten und schwerem Gerät zur Glentleiten gebracht. An ihrem neuen Platz erstrahlt sie nun wieder im ursprünglichen Gasolin-Rot statt dem späteren ARAL-Blau.

Der Neuzugang zeigt, dass sich das Freilichtmuseum immer wieder neu erfindet. Sei es mit dem neuen Eingangsgebäude, durch das auch die Braukunst im Museum Einzug hielt, inklusiven Angeboten wie dem „Wagnerhäusl“ für sehende und nicht-sehende Gäste oder auch dem erst 2021 begonnenen Bereich „nördliches Oberbayern“, der künftig eine neue Region in Südbayerns größtem Freilichtmuseum zeigen wird. Endlich, muss man sagen. Denn obwohl die Glentleiten von Beginn an das Ziel hatte, das gesamte ländliche Oberbayern beispielhaft in seinen Bauten zu repräsentieren, standen dort über Jahrzehnte hinweg nur Exponate aus dem südlichen Oberbayern und dem Alpenrand – während der Norden gar nicht vertreten war. Das wird sich nun bald ändern: ein neues Kapitel in der Geschichte der Glentleiten, dem sicherlich noch viele folgen werden.