Akten zu den NS-Patientenmorden im Bezirkarchiv
Etwa 4000 Patientinnen und Patienten der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar sind in den Jahren 1939 bis 1945 umgebracht worden. Ein Teil der Menschen wurde im Rahmen der sogenannten Aktion T4 in die Tötungsanstalten Hartheim oder Grafeneck abtransportiert. Bei der „Aktion T4“ handelte es sich um die von der Zentraldienststelle Berlin, Tiergartenstraße 4, organisierte systematische Ermordung behinderter und psychisch kranker Menschen in den Jahren 1940/41. Viele der getöteten Menschen starben jedoch in den Jahren 1941 bis 1945 in Eglfing-Haar selbst während der „Dezentralen Euthanasie“, durch Nahrungsentzug, Vernachlässigung und Vergiftung durch Medikamentenüberdosierung. Im Eglfinger „Kinderhaus“ wurden außerdem mindestens 332 Kinder ermordet. Der Bezirk Oberbayern und das kbo-Isar-Amper-Klinikum stellen sich dieser Verantwortung.
Gibt es noch Akten zu den Patientenmorden?
Von vielen Patientinnen und Patienten, die Opfer der Krankentötung waren, existieren heute noch Akten. Etwa zwei Fünftel der Akten der Opfer der Aktion T4, die bis August 1941 aus Eglfing-Haar in die Tötungsanstalten nach Grafeneck oder Hartheim abtransportiert wurden, liegen im Bundesarchiv in Berlin (R179-Gesamtexport-2018-Vorbereitung-Liste-BArch-2018-08-22-3 (bundesarchiv.de).
Die nach August 1941 in Eglfing-Haar getöteten Menschen wurden Opfer der „Dezentralen Euthanasie"; insbesondere von diesen etwa 1.600 Personen sind Akten im Archiv des Bezirks Oberbayern vorhanden. Auch die Akten der getöteten Kinder sind erhalten.
Wer kann Einsicht in die Akten nehmen und wie?
Rechtlich handelt es sich nicht mehr um Krankenakten, sondern um historische Dokumente eines Archivs. Das erleichtert den Zugang zu diesen Unterlagen. Entsprechend interessierte Personen können sich, sei es aus wissenschaftlichen oder privaten Motiven, an Herrn Nikolaus Braun im Archiv des Bezirk Oberbayern wenden. Die Kontaktaufnahme kann persönlich, per Telefon, per Mail oder per Brief erfolgen. Im Idealfall werden alle bekannten Informationen über die gesuchte Person – voller Name, Geburts- und Sterbedatum, ungefährer Aufenthaltszeitraum - dabei dem Archiv mitgeteilt.
Wie erfolgt die Einsicht in die Krankenakte?
Eine erste Auskunft über den Inhalt der Akten, so weit vorhanden, erfolgt im Regelfall schriftlich.
Die persönliche Einsicht im Archiv des Bezirks Oberbayern ist ebenfalls möglich. Hierfür muss in jedem Fall ein Termin vereinbart werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs sind mit den Geschehnissen und ihren historischen Hintergründen sowie mit der Handhabung der Akten sehr vertraut. Es gibt dort die Möglichkeit, im Rahmen eines persönlichen Termins gemeinsam die Akten durchzusehen. Insbesondere auf Grund der großenteils handschriftlich geführten Akten und der vielen Abkürzungen ist eine gemeinschaftliche Sichtung mit einem entsprechend erfahrenen Archivmitarbeiter bzw. -mitarbeiterin sehr zu empfehlen. Alternativ können aber auch Kopien gefertigt werden.