Inhalt

Wohngemeinschaft mit Fisch

München, den Datum: 13.05.2025
Umwelt

In der Attel bei Emmering werden wieder Bachmuscheln angesiedelt

Noch vor 60 Jahren war die Bachmuschel so häufig, dass sie manchmal als Hühner- und Schweinefutter verwendet wurde. Heute ist sie vom Aussterben bedroht und kommt in Bayern nur noch in wenigen isolierten Gebieten vor. An der Attel bei Emmering (Lkr. Ebersberg) hofft man nun auf einen Neuanfang: In einer gemeinsamen Aktion haben die Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberbayern und der Fischereiverband Oberbayern über 3000 Wirtsfische mit Larven der Bachmuschel besetzt. Das gemeinschaftliche Artenschutzprojekt ist langfristig angelegt: bis 2030 und darüber hinaus.

Vier Männer und eine Frau stehen in einem braunen Fluss, zwischen sich halten sie einen großen weißen Plastikbottich, in dem viele Fische schwimmen.
Bezirksrat Matthias Eggerl verteilte das Wasser mit den darin befindlichen Glochidien auf etwa 3000 Elritzen, die den Larven als Wirtsfische dienen. Auf dem Bild zu sehen von links: Moormanagerin Sarah Egg, Präsident des Oberbayerischen Fischereiverbands Maximilian Voit, Matthias Eggerl, Bezirksfischereimeister Tobias Fink und Fachberater für Fischerei Dr. Leonhard Egg. (Foto: Jennifer Sandmeyer © Bezirk Oberbayern)

Neustart für die Bachmuschel an der Attel

Für ihre Entwicklung braucht die Bachmuschel einen „Zwischenmieter“: Fische wie Elritze, Koppe oder Nase dienen ihren Larven – den Glochidien – als Wirte. Die Glochidien heften sich für etwa drei bis vier Wochen an deren Kiemen, entwickeln sich weiter und lassen sich dann zu Boden sinken. Erst nach mehreren Jahren im Kies erscheinen sie als ausgewachsene Muscheln. An der Attel wurden nun rund 3000 Elritzen mit mehr als 100.000 Glochidien besetzt. Anschließend kehrten die Fische wieder wohlbehalten in ihren Heimatfluss zurück. Die winzigen Larven stammen von trächtigen Bachmuscheln aus der Attel – eine einzige kann bis zu 100.000 Glochidien freisetzen. Dr. Leonhard Egg, von der Fachberatung für Fischerei erhofft sich rund 20 Jungmuscheln pro Fisch – das würde eine neue Population von etwa 60.000 Bachmuscheln bedeuten.

Die Population in der Attel galt als erloschen. Erst ein Hinweis von Fischer Josef Noder, der vor zwei Jahren Muschelschalen entdeckt hatte, brachte neue Hoffnung. 

Dr. Bernhard Gum, Leiter der Fischerei-Fachberatung, zeigt sich zuversichtlich: „In bisherigen Kartierungen – von der optischen Suche bis hin zu DNA-Untersuchungen des Gewässers – konnten in der Rott, der Attel und im Kaltenbach kleine Restbestände der Bachmuschel nachgewiesen werden, die als Grundlage für die Nachzucht dienen. Wir hoffen, dass wir mit diesem Projekt dazu beitragen können, die Bachmuschel in Bayern vor dem Aussterben zu bewahren.”  

Gemeinsames Artenhilfsprogramm

Koordiniert wird das Projekt gemeinsam von der Fischerei-Fachberatung des Bezirks und dem Fischereiverband Oberbayern. Sie kümmern sich um die wissenschaftliche Begleitung und die Förderung aus dem Artenhilfsprogramm Bachmuschel des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Ziel ist es, die natürliche Vermehrung der Muschel wieder in Gang zu bringen und langfristig stabile Bestände zu schaffen.

Kleine Muschel mit großer Wirkung

Ein kreisrunder Ausschnitt, in dem viele runde, durchscheinende Zellgebilde zu sehen sind.
Vergrößert: So sehen die Larven der Bachmuschel unter dem Mikroskop aus. (Foto: Sarah Egg )

Die Bachmuschel ist ein unscheinbarer, aber ökologisch bedeutsamer Wasserbewohner: Sie kann bis zu 20 Jahre alt werden, filtert etwa vier Liter Wasser pro Stunde und spielt eine wichtige Rolle im Ökosystem Fließgewässer. Seit der letzten Eiszeit in Bayern beheimatet, ist ihr Bestand heute um rund 90 Prozent zurückgegangen. Die Gründe sind vielfältig: verschmutzte Gewässer, der Verlust geeigneter Wirtsfische – und invasive Arten wie die Bisamratte, die Muscheln frisst, erklärt Dr. Leonhard Egg. Mit dem Projekt an der Attel wächst auf jeden Fall die Hoffnung, hier wieder einen Lebensraum für die gefährdete Muschel zu schaffen.