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Das "Zwei-Sinne-Prinzip" im Wagnerhäusl

Freilichtmuseum Glentleiten startet mit inklusivem Projekt in die Saison 2016

Museen
Mittwoch, 09.03.2016

Am 19. März öffnete das Freilichtmuseum Glentleiten mit der Neupräsentation eines inklusiven Angebotes die Tore. Sowohl sehende als auch blinde und sehbehinderte Besucher können mittels Hörstationen und vieler tastbarer Objekte erfahren, wie das Leben im Wagnerhäusel während der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war.

Um veränderten Sehgewohnheiten und Interessen der Besucher Rechnung zu tragen, werden die historischen Denkmäler auf der Glentleiten immer wieder neu präsentiert. Im Wagnerhäusl aus Brandstätt im Landkreis Rosenheim hat man sich für eine inklusive Präsentation entschieden: Die Informationen werden sowohl sehenden als auch blinden und sehbehinderten Besuchern durch viele tastbare Objekte und Hörstationen, aber auch tastbare Texte und die Verwendung von Blindenpunktschrift vermittelt. Da die ehemaligen Bewohner des Hauses das Wagnerhandwerk ausübten, entsteht zusätzlich ein neuer Aktivbereich für Kinder, in dem sie sich spielerisch mit Holz auseinandersetzen können, dem wichtigsten Werkstoff dieses nahezu ausgestorbenen Berufes.

FLM_Glentleiten_Wagner

Schon bei der Entwicklung und Verwirklichung des Konzepts wurde umfassend inklusiv gearbeitet. In viele Schritte der Produktion waren Betroffene einbezogen und wurden als Experten konsultiert. So standen Mitarbeiterinnen des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes bei der Umsetzung etwa von Umbaumaßnahmen beratend zur Seite. Und Bewohner der Südbayerischen Wohn- und Werkstätten für Blinde und Sehbehinderte, in deren Tonstudio die Texte für die Hörstationen eingesprochen wurden, beteiligten sich mit einer eigenen Aufnahme, die von der heutigen Lebenswirklichkeit dieser Menschen in Oberbayern erzählt.


Den Grundgedanken bei der neuen Hauspräsentation erklärt Projektleiter Maximilian Keck so: „Alle Informationen, die wir Besuchern vermitteln wollen, werden über das so genannte 2-Sinne-Prinzip vermittelt. Erkundet beispielsweise ein Blinder das Haus, so nimmt er die Informationen auf, weil Tastsinn und Gehör den fehlenden bzw. eingeschränkten Sehsinn kompensieren.“ Ob das neue Konzept auch auf weitere der mittlerweile über 60 historischen Gebäude des Freilichtmuseums übertragen wird, hängt nun auch vom ersten Praxistest bei laufendem Museumsbetrieb ab. Museumsleiterin Dr. Monika Kania-Schütz jedenfalls merkt an: „Zwar wissen wir, dass unser Museumsgelände und die historischen Häuser nie gänzlich barrierefrei und damit auch nicht gänzlich inklusiv sein werden, doch können wir viele Dinge tun, um unser Museum zumindest ein Stück weit barriereärmer zu machen und somit auch Menschen mit Behinderung den Zugang zu erleichtern.“ Das Wagnerhäusl sei jedenfalls ein wichtiger Baustein auf diesem Weg, so Kania-Schütz weiter.

Melanie Bauer