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Handwerkskunst in Filz und Leder

München, den Datum: 28.11.2022
Bildung

Feintäschnerei am BBW München startet in neue Ära

Ein Update erfährt momentan ein Berufszweig, der im Berufsbildungwerk (BBW) München bislang eher ein Nischendasein führte: die Feintäschnerei. Nicht zuletzt dank Matthias Wiesheu, der Anfang 2023 den Ausbildungsbetrieb von dessen bisherigen Leiters Harald Fischer übernimmt.

Seit Jahrzehnten gehört die Feintäschnerei am Berufsbildungswerk in Johanneskirchen zu den Geheimtipps: Wann immer eine exklusive Handtasche oder ein geschmackvoller Gürtel benötigt wurde, war der langjährige Ausbilder und Feintäschner-Meister Harald Fischer mit seinen Azubis die erste Anlaufstelle. Ob Reparatur oder Neuanfertigung: Auf eine fundierte Beratung und hochwertige Handarbeit, garniert mit charmantem Service, durfte sich die Kundschaft freuen.

Ein Biotechniker wird Feintäschner

Fischer wird Anfang 2023 in den Ruhestand gehen. Den beliebten Ausbildungsbetrieb jedoch aufzugeben, war für das Berufsbildungswerk keine Option. Nun konnte das BBW mit Matthias Wiesheu einen jungen, aber erfahrenen Nachfolger gewinnen. 2008 fand der gelernte Biotechniker seinen Weg zur Feintäschnerei, 2015 machte er sein Hobby zum Beruf. Spezialisiert hat er sich auf die althergebrachte Technik der Federkielstickerei. Besonders Trachtler dürften jetzt hellhörig geworden sein, denn die diffizilen Verzierungen sind vor allem auf Lederhosen und den zugehörigen Hosenträgern zu finden. Diese Arbeitstechnik an die Auszubildenden weiterzugeben, hat sich Matthias Wiesheu fest vorgenommen.

Der „Neue“ kommt mit frischen Ideen im Gepäck. Aber alles über den Haufen werfen will Matthias Wiesheu nicht: „Das Feintäschner-Handwerk ist ein Beruf mit viel Tradition. Grundlage sind die bekannten Handwerkstechniken: Schneiden, Nähen und Kleben. Aber die Feintäschnerei sind auch immer mit der Zeit gegangen.“ Deshalb spielen vor allem zwei Aspekte eine Rolle bei seinen Plänen: neue Materialien und eine Erweiterung der Produktpalette.

Vegane Materialien statt Leder

Ein Beispiel für neue Arbeitsmaterialien ist Texon: Wurde früher zur Verstärkung etwa von Handtaschen gepresstes Leder genutzt, heute kommt dafür der nachwachsende Rohstoff Texon, der aus Pflanzenfasern besteht, zum Einsatz. Daneben will Wiesheu die Arbeit mit Filz und Kork ausbauen – beides Materialien, die sich gut mit Leder verbinden oder als eigenständiger Werkstoff nutzen lassen.

Neue historische Techniken

Unabhängig von Material und Produkt hat die Feintäschnerei in den Augen von Matthias Wiesheu Zukunft. Denn die in der Ausbildung erlernten Techniken eröffnen den Azubis nach ihrem Abschluss viele Möglichkeiten – von der Sattlerei bis zur Raumausstattung. Und das Beste an diesem Handwerk, wie Matthias Wiesheu findet: „Der Beruf ist sehr erfüllend. Man geht einer schöpferischen Tätigkeit nach und findet seine Persönlichkeit in seinen Werkstücken wieder. Man sieht, was man mit den eigenen Händen geschaffen hat – und das bringt eine enorme Zufriedenheit mit sich.“ (Dominik Schenk)

In einer Werkstatt sehen sich eine junge Frau und ein Mann eine genähte Tasche an. Daneben steht eine weitere Tasche und im Hintergrund arbeiten zwei junge Männer.
Der langjährige Feintäschner-Meister Harald Fischer prüft zusammen mit einer Auszubildenden die Nähte einer Ledertasche (© BBW MUENCHEN)