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Großes Aufgabenpaket

München, den Datum: 29.08.2022
Soziales

Referatsleiterin Regina Lengmüller zur Umsetzung gesetzlicher Neuerungen in der Sozialhilfe

Grundrente, Pflegezuschlag, Coronaeinmalzahlungen und zuletzt der Rechtskreiswechsel für ukrainische Flüchtlinge: In der Sozialverwaltung des Bezirks Oberbayern werden derzeit zahlreiche gesetzliche Änderungen umgesetzt. Im Gespräch mit Bezirk aktuell berichtet Regina Lengmüller, Leiterin von Referat 26 (Stationäre Hilfe zur Pflege), welche Aufgaben sie und ihre Mitarbeitenden gerade bewältigen.

Frau Lengmüller, Ihr Referat ist eingedeckt mit unerwarteten Aufgaben. Was steht gerade alles an?
Regina Lengmüller
Derzeit beschäftigen wir uns mit der Umsetzung des Grundrentengesetzes, des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, des Leistungszuschlages Pflege nach § 43 c SGB XI und der Gewährung von Grundsicherungsleistungen im Einzelfall. Dabei müssen wir beachten, dass unsere Ergebnisse unbedingt richtig sein müssen, da der Bund nur die berechtigt gewährten Leistungen der Grundsicherung erstattet. Aktuell sind noch die Coronaeinmalzahlungen hinzugekommen sowie der Rechtskreiswechsel für hilfebedürftige ukrainische Flüchtlinge, die künftig Leistungen der Sozialhilfe statt des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten. Wir haben also ein ganz schön großes Aufgabenpaket geschnürt bekommen.

Wie kam es zu dieser Häufung an wichtigen To-dos?
Aus meiner Sicht sind diese Gesetzesänderungen im Zuge der Pflegereform notwendig geworden, um die Pflege für alle Leistungssuchenden bezahlbar zu machen. Es geht darum, die Kosten in der Pflege zu verringern – etwa, wenn sich aktuell für pflegebedürfte Menschen der Aufwand mindert, weil erstmals auch die Dauer des Pflegeheimaufenthaltes angemessen berücksichtigt wird. Die Coronaeinmalzahlung und der Rechtskreiswechsel für die ukrainischen Flüchtlinge sind den derzeitigen aktuellen Entwicklungen geschuldet.

Grundrente und Pflegezuschlag, Änderung der Grundsicherungsberechnung und Umsetzung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes: Worum geht es hierbei?
Anspruch auf den Grundrentenzuschlag haben Rentnerinnen und Rentner, die lange gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient haben – also viele ältere Menschen in Pflegeheimen, die bereits Leistungen von uns erhalten. Sie bekommen nun von uns diesen Zuschlag. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist ein Gesetz zur Entlastung insbesondere betrieblicher Kleinrenten, für die in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragspflicht besteht. Diese haben die Betriebsrentnerinnen und -rentner allein zu tragen. Der neue Freibetrag, der 2020 eingeführt wurde, betrifft unsere Leistungsberechtigten ebenfalls. Für uns heißt das jetzt, dass wir die Akten der rund 15 000 Menschen, die wir im Referat betreuen, mehrfach in die Hand nehmen müssen, manuell berechnen und prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Das Ganze hinterlegen wir dann als Absetzungsbetrag und versenden einen neuen Bescheid.

Auch die Coronaeinmalzahlung ist bei Ihnen gelandet. Was hat es damit auf sich?
Diese Aufgaben betreffen alle Leistungsreferate der Abteilung II. Die Auswirkungen der Pandemie und die steigenden Lebenshaltungskosten treffen Menschen besonders hart, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Der Gesetzgeber hat deshalb mit dem Gesetz zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen eine Einmalzahlung im Monat Juli 2022 in Höhe von 200 Euro beschlossen. Berechtigt sind Leistungsempfängerinnen und -empfänger der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Grundsicherung und Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen, sofern sie tatsächlich Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel des SGB XII beziehen.

Und der Rechtskreiswechsel für ukrainische Flüchtlinge?
Bund und Länder haben vereinbart, dass hilfebedürftige geflüchtete Menschen aus der Ukraine zum 1. Juni 2022 vom Asylbewerberleistungsgesetz in das SGB II oder SGB XII wechseln. Dieser Rechtskreiswechsel bedeutet für die Sozialhilfeträger und Ausländerbehörden eine große Herausforderung. Leistungen, die bisher schnell, unkompliziert und pragmatisch von den Ausländerbehörden gewährt wurden, müssen nun zeitnah in Leistungen nach dem SGB XII überführt werden. Im Bezirk beginnen die Referate ambulante und stationäre Pflege bereits jetzt mit den Überführungen, die anderen Leistungsreferate folgen.

Gibt es schon Schätzungen, wie hoch die Kosten für den Bezirk sind?
Nein, die Kosten sind noch nicht absehbar. Wir sind dabei, für die schnellstmögliche Übernahme möglichst pragmatische Lösungen zu finden. Wir sind auf einem guten Weg.

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) entlastet pflegebedürftige Menschen seit Anfang 2022 finanziell. Gehen ab 2023 die Ausgaben für den Bezirk Oberbayern wieder nach oben?
Meiner Meinung nach werden die Ausgaben wieder ansteigen. Der Wunsch, dass Leistungsberechtigte mit einem Pflegegrad 4 und 5 durch den Leistungszuschlag höhere Einkommen erzielen und damit zu Selbstzahlenden werden, ist nicht eingetreten. Es konnte nur bei einer sehr geringen Anzahl von Leistungsberechtigten tatsächlich die Hilfe eingestellt werden.

Wann rechnen Sie damit, dass in Ihrem Referat wieder alles rund und normal läuft?
Ich hoffe, wir werden bis zum Herbst so weit sein und alles zumindest in die richtigen Bahnen gesteuert haben. Ab Herbst müssen wir uns verstärkt wieder den Prozessbeschreibungen und den Hinterlegungen der Zeitanteile eines Prozessschrittes widmen. Es gibt heuer wirklich noch sehr viel zu erledigen.

(Interview: cmy)


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