Krisenhilfe in 112 Sprachen der Welt
Krisendienst Psychiatrie Oberbayern erprobt Übersetzungsdienst
Farsi, Tamil oder Ungarisch: Beim Krisendienst Psychiatrie Oberbayern rufen immer wieder Menschen an, die eine – aus unserer Sicht – seltene Sprache sprechen. Bisher konnten die Mitarbeitenden der Leitstelle mit den Anrufenden nicht kommunizieren. Dank eines neuen Angebots, das die Leitstelle derzeit erprobt, ändert sich das gerade. Je nach Bedarf ist es möglich, Dolmetscherinnen und Dolmetscher für 112 Sprachen der Welt zu zuschalten.
Seit Juni 2022 erprobt der oberbayerische Krisendienst den Telefondolmetscher-Dienst Dolatel. Das Kölner Unternehmen verfügt über Übersetzerinnen und Übersetzern für 112 Sprachen. Beim Anruf einer Person, die kein Deutsch spricht, kann die Leitstelle innerhalb von 90 Sekunden muttersprachliche Dolmetscherinnen oder Dolmetscher zuschalten. „Das ist für unsere Mitarbeitenden eine enorme Erleichterung, dass sie sich jetzt mit fast allen Anrufenden verständigen können“, erzählt Dr. Petra Brandmaier, die ärztliche Leiterin der Leitstelle. „Das System ist enorm flexibel, und wir haben quasi auf Knopfdruck einen Übersetzungs-Profi in der Leitung. Es gibt keinen langen Vorlauf für Planung und Organisation.“
Die schnelle Verfügbarkeit ist aus Sicht der Psychiaterin besonders wichtig, da die Hilfe bei akuten Krisen meist keinen Aufschub erlaubt. Im Testzeitraum Juli bis Oktober wurde der Dienst 64-mal in Anspruch genommen. Die wichtigste Sprache war dabei mit Abstand Englisch mit 17 Anrufen, gefolgt von Russisch (8), Polnisch (6) und Ukrainisch (4). Insgesamt wurden für 21 verschiedene Sprachen Übersetzungen angefordert – darunter für Dari, die in Afghanistan gesprochene Variante des Persischen, und Sorani, einen im Irak gesprochenen kurdischen Dialekt, aber auch für viele verbreitete europäische Idiome.
Noch ist offen, ob künftig die Krisendienste Bayern in ihrer Gesamtheit den Dienst nutzen. An der Testphase beteiligen sich vorerst nur Oberbayern und Schwaben. Bei Gesprächen mit dem bayerischen Gesundheitsministerium geht es nun darum, wer die Kosten für dieses Zusatzangebot übernimmt.