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Blindenhilfe aus dem 3-D-Drucker

Bezirkstagspräsident Josef Mederer zu Besuch im BIT-Medienzentrum für blinde und sehbehinderte Menschen

Soziales

Aleksander Pavkovic vom BIT-Zentrum des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbunds öffnet einen PDF-Dokument auf einer Internetseite und klickt die Sprachausgabe an. Eine Stimme beginnt vorzulesen. Doch schnell kommen die Tücken zum Vorschein: Eine Überschrift zur Orientierung ist nicht vorhanden, mitten im Text kommt eine halbe Telefonnummer, die Reihenfolge der Textstellen geht verloren und das Foto eines gemalten Elefanten wird schlicht zu „Grafik 2011“. Nun präsentiert Pavkovic dasselbe PDF in der Bearbeitung durch das BIT-Zentrum, und siehe da: Auf einmal gibt es Überschriften, die Reihenfolge stimmt und die Grafik ist verständlich beschrieben.
Drei Personen betrachten Fachwerkzeug auf einem Schreibtisch.
Foto: Alexandra Bauer © BBSB

Josef Mederer, Bezirkstagspräsident von Oberbayern, ist beeindruckt. Bei einem Besuch in der Münchner Arnulfstraße möchte er sich über die Arbeit des 1986 gegründeten Medienzentrums für blinde und sehbehinderte Menschen informieren – und zeigt sich erstaunt über Vielfalt und Bandbreite des Angebots. Das Kürzel BIT steht schlicht für Beratung – Information – Textservice. Der Rundgang mit BIT-Leiter Robert Müller macht allerdings klar, wie umfangreich der Service ist, der hier geleistet wird. Die Arbeitsaufträge reichen von Speisekarten in Brailleschrift über Kochbücher bis zu tastbaren Wegweisern für die Landesgartenschau und zum komplexen Englischkurs, ebenfalls in Braille. Auch der Bezirk Oberbayern hat schon öfters die Dienste des BIT-Zentrums genutzt. Zuletzt für sein Kulturfestival ZAMMA, das im Juli in Garmisch-Partenkirchen stattfand. BIT-Mitarbeiterin Regine Gebhardt hatte hierfür einen taktilen Wegweiser mit Brailleschrift gestaltet und den online abrufbaren Programm-Flyer in ein barrierefreies PDF umgewandelt.

Das Besondere am BIT-Zentrum ist, dass Menschen mit Seheinschränkungen sich genau jene Texte zugänglich machen können, die sie gerade für Ausbildung, Beruf oder private Zwecke brauchen. Das wird eifrig genutzt: Etwa 500 Hörbücher und über 700 Produktionen in Brailleschrift, in digitalen und taktilen Medien setzen die Mitarbeitenden jedes Jahr um. Dadurch können sehbehinderte und blinde Menschen an Sprachkursen oder beruflichen Fortbildungen teilnehmen, Freunde bekochen oder beispielsweise den Reiseführer als Hörbuch mitführen, ohne sich ausgegrenzt zu fühlen.

Seine Existenz verdankt das BIT-Zentrum auch der Förderung durch die bayerischen Bezirke. Anlass genug für Oberbayerns Bezirkstagspräsident Josef Mederer, um sich einmal selbst ein Bild von der Einrichtung zu machen. Eine taktile Karte aus dem 3-D-Drucker fasziniert ihn besonders. Wege, Kreuzungen, Häuser, Kirchen sind in ihren Grundrissen erhaben dargestellt. Selbst mit optischer Unterstützung ist es allerdings nicht ganz leicht, den Ausschnitt zu erraten. Der „Aha-Effekt“ ist für Mederer dann umso größer: Plötzlich erkennt er Kloster, Kirche und Gaststätte – denn nicht ganz zufällig handelt es sich bei der Karte um seine Heimatgemeinde Altomünster.

Neben der Umsetzung von Projekten mithilfe aktueller Technik kümmert sich das BIT-Zentrum aber auch um die sogenannte Hilfsmittelberatung. Jeder von Blindheit oder Sehbehinderung betroffene Mensch aus Bayern kann sich hier unabhängig und kostenfrei zu Hilfsmitteln beraten lassen, die ihnen den Alltag erleichtern. Mit Hilfe von Simulationsbrillen verschafft sich Bezirkstagspräsident Mederer zunächst einen Überblick über die Auswirkungen verschiedener Augenerkrankungen wie Makula-Degeneration, Retinopathia Pigmentosa oder Glaukom. Anschließend erläutert Hilfsmittelberaterin Sophia Dreher, wie man sich verschiedene Lupen, Bildschirmlesegeräten oder auch Kameravorlesesystemen zunutze machen kann. Für die gelernte Opti-kermeisterin ist die Arbeit im BIT-Zentrum eine Herzensangelegenheit. Geht es doch oft genug darum, den Klienten behutsam zu zeigen, dass es immer noch viele Mög-lichkeiten gibt, um ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie weiß aus Erfahrung: „Wenn die Klienten mit frischer Diagnose ankommen, sind sie oft niedergeschlagen. Es ist schön zu sehen, dass sie nach der Beratung zumeist wieder mit neuem Lebensmut nach Hause gehen.“