„Hier kommen Moderne und Historie zusammen“
München, den Datum: 26.05.202330 Jahre Kloster Seeon – Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern
In diesem Jahr feiert Kloster Seeon sein 30-jähriges Jubiläum als Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern. Im Gespräch zieht dessen Leiter Gerald Schölzel Bilanz.
Wie hat sich das Konzept von Kloster Seeon in den letzten drei Jahrzehnten verändert?
Gerald Schölzel Zur Eröffnung des Kultur- und Bildungszentrums Kloster Seeon im Jahr 1993 stand die Weiterbildung von Mitarbeitenden des Bezirks im Mittelpunkt. Damals hielt der Computer in den Büroräumen der Verwaltung Einzug. Hier in Kloster Seeon ging es darum, sich auf diese Veränderung vorzubereiten. Nach etwa zwei Jahren war ein Großteil aller Mitarbeitenden des Bezirks geschult. Danach brauchte das Haus eine neue Aufgabe. Die Seminarräume und Hotelzimmer bot man auf dem freien Tagungsmarkt an, und Kloster Seeon war von Anfang an sehr erfolgreich mit diesem Produkt. Damals wollte man nicht mit der regionalen Hotellerie konkurrieren und hat darauf verzichtet, das Haus touristisch zu vermarkten. Das heißt, wenn an Wochenenden oder während der Urlaubszeit nicht getagt wurde, war das Haus fast leer, obwohl die touristische Nachfrage sehr hoch war.
Wie kam es zur Öffnung für alle?
Nach einer Anfrage des Bundes der Steuerzahler hat das Bayerische Innenministerium geprüft, ob man das Haus touristisch nutzen dürfte. Es kam die Rückmeldung, dass das sogar ausdrücklich erwünscht sei, um das Haus wirtschaftlich zu führen. Das geschah auch im Einvernehmen mit der regionalen Hotellerie. So sind wir seit sechs Jahren in diesem Bereich tätig, und das ist ein sehr gutes, komplementäres Geschäftsfeld. 80 Prozent der Auslastung sind weiterhin Tagungen, meistens im Bereich Führungskräfte-Trainings, Personalentwicklung bis hin zu Strategie-Workshops des oberen Managements. Daneben gibt es mit Klausurtagungen auch politische Veranstaltungen.
Kloster Seeon ist nicht nur Bildungs-, sondern auch ein Kulturzentrum. Wie fügt sich das in das Konzept ein?
Die wirtschaftliche Säule des Hauses, die den Unterhalt und die Personalkosten finanziert, ist der Hotel- und Tagungs-Betrieb. Der Kulturbetrieb kann sich wirtschaftlich nicht selbst tragen und wird daher subventioniert. Wir haben bis zu 60 kulturelle Veranstaltungen im Jahr, die wir selbst organisieren. Auch hier ist die Nachfrage sehr hoch. Wir versuchen immer, ein ausgewogenes Programm zu machen, um alle Zielgruppen anzusprechen: Urlauberinnen und Urlauber ebenso wie Einheimische.
In Kloster Seeon spiegeln sich alle wichtigen Themen des Bezirks, darunter auch die Denkmalpflege. Wie wirkt sich diese auf die anderen Bereiche in Ihrem Haus aus?
Kloster Seeon hat in Bezug auf gelebten Denkmalschutz eine Vorbildfunktion. Wenn Renovierungsarbeiten anstehen, lässt sich sehr schwer auseinanderhalten, ob das eine Unterhaltsmaßnahme ist oder Denkmalschutz. Es fließt alles ineinander. Das ist das Schöne: Wir haben kein Museum, sondern leben und arbeiten an einem besonderen Ort. Kloster Seeon ist ein Kulturdenkmal, das genutzt und in der Praxis erlebt werden kann. Das gibt es so nicht oft.
Neben dem Denkmalschutz sieht der Bezirk auch im Umweltschutz eine wichtige Aufgabe. Ist das nicht ein Gegensatz?
Ein Haus wie Kloster Seeon verbraucht grundsätzlich viel Energie. Die Zimmer müssen geheizt werden, man braucht Warmwasser für die Küche und für die Gäste. Bis vor vier Jahren haben wir mit Heizöl Wärme erzeugt. Inzwischen nutzen wir regenerative Energie aus unserer Energie-Zentrale. Wir können fast die gesamte Wärmeenergie und 20 Prozent des gesamten Strombedarfs durch Hackschnitzel erzeugen. Außerdem würden wir gerne auf der Südseite der großen Dächer Photovoltaikanlagen anbringen. Das dürfen wir derzeit aus Denkmalschutzgründen noch nicht. Eine Gesetzesänderung ist aber in der Diskussion. Wenn die kommt, könnte es eine der nächsten Maßnahmen sein, dass wir die Süd-Dächer zur Stromerzeugung nutzen. Das würde unseren Energiebedarf weitestgehend decken. Dann hätten wir beides: Kloster Seeon als Vorbild für den Denkmalschutz und für eine umweltfreundliche, nachhaltige Energieversorgung.
Rund um Kloster Seeon sind auch die bezirklichen Fachberatungen für Imkerei und Fischerei aktiv. Wie ist da die Zusammenarbeit?
Sehr gut! Die Bereiche Fisch und Biene, wie wir sie nennen, sind seit Ende März offiziell mit einer Außenstelle hier in Seeon vertreten. Wir halten es für wichtig, dass man alle einlädt, die sich für Imkerei und Fischerei interessieren. Egal ob jene, die selbst in diesem Bereich arbeiten, Schulklassen oder Privatleute. Das ist eine sehr gute und fruchtbare Nachbarschaft. Und natürlich gibt es auch bei der Kulinarik Synergieeffekte. Denn der Fisch aus dem Seeoner See lässt sich in unserer Küche zu tollen Gerichten verarbeiten. Wir dürfen auch die Räucher-Kammer der Fischerei-Fachberatung nutzen, sodass wir hier experimentieren können. Beim Thema Biene nutzen wir den Honig, der hier gewonnen wird, um ihn kulinarisch zu verwerten. So gibt es beim Frühstücksbuffet beispielsweise den Honig direkt aus der Wabe.
Wie sehen Sie die vergangenen 30 Jahre?
Die 30 Jahre sind eine Erfolgsgeschichte! Das Haus wurde vor kurzem einmal komplett durchsaniert. So man das bei einem tausend Jahre alten Haus sagen kann, ist es jetzt ein neues Produkt, über das sich die Gäste sehr freuen. Hier kommen Moderne und Historie zueinander. Die 30 Jahre als Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern sind für Kloster Seeon natürlich nur ein Wimpernschlag der Geschichte. Dennoch war es wichtig, das Haus für die Zukunft neu auszurichten.
Gibt es Jubiläums-Veranstaltungen?
Ja: Wir wollen dieses Jahr ein bisschen feiern und haben dafür ein Programm aufgestellt zusammen mit C. Bernd Sucher – einem Literaturprofessor, der hier in der Nähe wohnt und der lange als Kritiker für die Süddeutsche Zeitung im Feuilleton gearbeitet hat. Er hat für uns eine Kultur-Reihe ausgearbeitet, die wir im Juli dieses Jahres starten. Sie nennt sich Suchers Seeoner Leidenschaften. Das haben wir ein Jahr lang vorbereitet, und darauf freuen wir uns schon. (Interview: we)
Runderneuert in die Zukunft
„Denkmalschutz lohnt sich“ sagte Bezirkstagspräsident Josef Mederer bei der Einweihung des sanierten Kramerhauses. Denkmalschutz, Inklusion und Barrierefreiheit sind zentrale Punkte des „Zukunftkonzeptes Kloster Seeon, das der Bezirkstag 2014 beschlossen hat.
2017 startet der Umbau des „Kramerhauses“. Der Gewölberaum im Erdgeschoss wird zu einem Seminarraum mit Kaminzimmer. Im Obergeschoss entstehen vier Hotelzimmer. Erstmals wird ein barrierefreier Zugang zur ehemaligen Klosterkirche errichtet.
2018 wird mit der Neugestaltung der Außenanlagen begonnen. Ein erster Meilenstein ist die Schaffung eines Rundwegs um das Klostergebäude.
2019 wird der Neubau einer Energiezentrale umgesetzt. Die Wärme- und Teile der Stromversorgung von Kloster Seeon werden durch erneuerbare Energien sichergestellt. Der Umbau des ehemaligen Bistros Leuchtenberg zum Mesnerhaus mit Klosterladen, Ausstellungsräumen und drei Hotelzimmern beginnt. Die Eröffnung ist 2022.
2020 erfolgt der Umbau von Hauptküche und Tagungsrestaurant. Frisch renoviert und zeitgemäß ausgestattet, wird letzteres in Anlehnung an die historische Bibliothek in „Restaurant Ex libris“ umbenannt.
2021: Die knapp 27 Jahre bestehende Erstmöblierung der Hotelzimmer wird erneuert, die Räume und Bäder werden nach zeitgemäßen Maßstäben ertüchtigt. Dazu gehören auch die Neugestaltung des Foyers sowie die Modernisierung der EDV-Infrastruktur.
2022: Der Bezirk Oberbayern widmet den Neubau eines Seminarhauses dem Thema „Fisch & Biene“. Ab 2023 können hier Veranstaltungen der beiden Fachberatungen für Fischerei und Imkerei stattfinden. Außerdem ist ein Bienenlehrpfad geplant.
2024 Zum Abschluss wird der Außenbereich rund um das Klosterensemble fertiggestellt. (we)